Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (13. Februar 2011)
 
   Hairdienst
 

   Denken Sie manchmal, in schlaflosen Winternächten, auch über die Zukunft unserer Bundeswehr nach? Wie das weitergehen soll mit der Landesverteidigung, so ganz ohne wehrdienstleistende Kampftrinker? Mein Verteidigungsminister und ich können Sie beruhigen. Alles wird gut. Die Bundeswehr hat schon andere Krisen überstanden.

   Die schlimmste liegt gerade mal 40 Jahre zurück. Womöglich werden sich nicht mal mehr die Älteren unter uns daran erinnern - 1971 wurde für ein Jahr bei der Bundeswehr der Kurzhaarerlass ausser Kraft gesetzt und unsere Truppe zur Hairmacht (vorausgesetzt, die Soldaten trugen olivfarbene Haarnetze). Prompt wurde die Luftwaffe vom Volksmund als German Hair Force verunglimpft.

   Auch mir war das unglückliche Kapitel deutscher Militärhistorie entfallen, womöglich hatte ich es verdrängt, was man mit Geschichte, zumal mit deutscher, nie tun sollte. Zum Glück hat mich mein Friseur diese Woche daran erinnert, womit bewiesen wäre, dass der Coiffeur auch im Internet-Zeitalter eine unverzichtbare Informationsquelle ist.

   Die Mähne unterm Stahlhelm war aus hygienischer wie militärischer Sicht eine haarige Angelegenheit. Wenn ich mich recht entsinne, gehörte die Haarfreiheit zur psychologischen Kriegsführung. Die Strategen auf der Bonner Haarhöhe hatten darauf gehofft, dass im Ernstfall die Haarnetze fallen und allein schon der Anblick von langmähnigen Kerlen reichen würde, um den anrückenden Russen, der damals noch Ivan hiess, das Fürchten zu lehren.

   Um die Belange von Soldaten mit langem Schopf kümmert sich in unserem demokratischen Gemeinwesen der Hairbeauftragte des Deutschen Bundestags. Wäre das Experiment nach einem Jahr nicht abgeblasen worden, die Shampooindustrie hätte in den neunziger Jahren, lang vor dem Einzug der ersten Frauen beim Bund, die Moral der Truppe mit Sprüchen wie diesem unterwandert: "9 Uhr, morgens, Pristina, leichter Regen, die Frisur sitzt."

   Lang, lang ist's hair.
 

 

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