Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (10. April 2011)
 
   Legal, liberal, scheissegal
 

   Denken Sie nicht über die Überschrift nach. Lohnt nicht. Steckt nichts dahinter. Ist nur ein billiger Trick, um Ihr Interesse zu wecken und Sie in den Text zu ziehen. Was bleibt einem übrig, bei dem trögen Stoff. Aber lesen Sie selbst.

   Die Zeitschrift "Reader's Digest" hat diese Woche eine Liste vertrauenswürdiger Berufe veröffentlicht. Das Ergebnis ist so überraschend wie ein "Musikantenstadl" mit Andy Borg oder die Neujahrsansprache der Kanzlerin. Auf dem letzten Platz findet man, tätätäää, Politiker. Selbst wir Journalisten, denen man alles zutraut, nur eben nicht, die Wahrheit zu sagen, stehen im Vergleich zu Politikern glänzend da. So viel Geld können Finanzjongleure gar nicht verbraten, um im Ansehen der Deutschen auf das Niveau der Politkaste zu sinken.

   Ich verwette mein Wahlrecht auf Lebenszeit darauf: Hätte man weniger bürgerliche Berufe wie Zuhälter und Notzuchtverbrecher abgefragt, hätten selbst die Politikern den Rang abgelaufen.

   Aus der Zeit, als Telefone noch an der Schnur hingen, stammt folgender Kalauer: Was ist der Unterschied zwischen einem Telefon und einem Politiker? Das Telefon kann man aufhängen, wenn man sich verwählt hat. Sie finden das nicht komisch? Dann sind Sie höchstwahrscheinlich Politiker - nicht nur unbeliebt, sondern auch feige.

   Ich verstehe nicht, warum Ihr, liebe Politiker, Euch das bieten lasst. Von Leuten wie uns, die wir es vor Wahlen nicht mal für nötig halten, Eure Parteiprogramme zu lesen. Wir hocken vor der Glotze, gucken zwei Politikmagazine und halten uns für wahlmündig.



   Es ist an der Zeit, dass Ihr endlich aufsteht und uns, Eurem Wahlvolk, mal aufs Maul haut, wie weiland der Hoeneß-Uli bei der Jahreshauptversammlung der Bayern, als er die Fans aus der Südkurve in den Senkel gestellt hat. Es ist eine Unverschämtheit, wie wir mit Euch umspringen. Kotzt Euch unser Anspruchsdenken und unsere Besserwisserei nicht manchmal an? Immer nur wollen, wollen, wollen. Aber wenn einer an das Kennedy-Wort erinnert, dass man nicht fragen soll, was der Staat für einen tun kann, sondern was man für den Staat tun kann, dann gilt das schon als mittelschwere Menschenrechtsverletzung.

   Ihr seid nicht nur unbeliebt, liebe Politiker, Ihr werdet gehasst und als Lügenpack verhöhnt. Ich erwähne das deshalb, weil in diesen Tagen einer der meistgehassten Politiker von uns gegangen ist. Rein körperlich ist Guido Westerwelle zwar noch anwesend, aber politisch ist er so gut wie tot.

   Wisst Ihr, liebe Politiker, wie man eine gesellige Runde, die sich für halbsweg gebildet hält, zum Schweigen bringen könnte? Indem man bemerkte, dass man Westerwelle gar nicht so schlimm finde. Hatte man Glück, ging das als Scherz durch.

   Ob ich Westerwelle mochte, weiss ich nicht. Aber ich habe ihn geschätzt, seit ich ihn vor ein paar Jahren im WDR-Politikmagazin "Zak" gesehen habe. Gastgeber Friedrich Küppersbusch fragte nicht, er ging unter die Gürtellinie. Westerwelle parierte glänzend.

   Jedes Volk, heisst es, habe die Politiker, die es verdient. Manchmal glaube ich, liebe Politiker, Ihr habt was Besseres verdient als uns.
 

 

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