Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (08. Mai 2011)
 
   Wir schreiben hier "Geschichte"
 

   Während die Weltgemeinschaft noch leidenschaftlich darüber diskutiert, ob man sich über den Tod von Osama bin Laden mordsmässig, nur ein bisschen, klammheimlich oder überhaupt nicht freuen darf, müht sich unsere Redaktion um eine historische Einordnung. Sie war diese Woche mit der Frage beschäftigt, ob Osama bin Laden nur als Terrorfürst oder als Terrorpate in die Geschichte eingeht, konnte sich aber bis zum Redaktionsschluss noch zu keinem Ergebnis durchringen.

   Nach einem insgesamt doch recht erfolgreichen Auslandseinsatz von bis an die Zähne bewaffneten militärischen Aussendienstmitarbeitern der USA weiss die Welt jetzt endlich wieder, wer Chef im Ring ist. Gerade als Angehöriger eines deutschsprachigen Volksstammes muss man neidlos anerkennen, dass der Amerikaner eher das Zeug zum Weltpolizisten hat als unsereins.

   Was damit gemeint ist, wird klar, wenn man sich folgende Szene vor Augen führt: Frau Merkel tritt nach der Eliminieruung eines Erzfeindes vor die Fernsehkamera. Sie hält, mühsam ein Kichern unterdrückend, eine kurze Ansprache an das deutsche Volk, die in diesem Satz gipfelt: "Der Gerechtigkeit ist genüge getan." Obwohl er grammatisch korrekt ist, wäre der Satz nie in die Geschichte, oder wie ihr pfälzischer Ziehvater gesagt hätte, in die Geschichte eingegangen. Ganz anders die Worte, die der US-Präsident Obama an die Amerikaner und den Rest der Welt gerichtet hat: "Justice has been done." Stünde das Weisse Haus in der Wüste von Nevada, hätte das Drehbuch einen Ritt in die untergehende Sonne vorgeschrieben. Mangels Gaul und Zentralgestirn musste Obama auf die Wirkung des Teppichs vertrauen.

   Mit einer gewissen Regelmässigkeit lassen wir uns in dieser Kolumne zu der Behauptung hinreissen, dass die Welt nicht mehr so ist wie zuvor. Nie war diese Feststellung treffender als heute. Ist Ihnen der Satz "Da wäre ich gern Mäuschen gewesen" geläufig? Können Sie vergessen. Auf "Spiegel online" war ein Interview mit einem jungen Pakistani zu sehen, der sich um zwei Karnickel gekümmert hat, die sich bis vor kurzem auf bin Ladens Anwesen herumgetrieben und Zutritt zum Hausherrn gehabt haben sollen. Künftig heisst es: "Da wäre ich gerne Kaninchen gewesen."



   War sonst noch was? In China ist ein Sack Reis umgefallen. Verstehen Sie mich jetzt bite nicht falsch. Ich will damit nicht sagen, dass sonst nichts passiert ist. Per elektronischer Post hat mich ein Film erreicht, auf dem man sieht, wie in China ein Sack Reis umfällt.

   Kein Mensch weiss nach dieser dramatischen Woche, was von Osama bin Laden bleiben wird. Ist's am Ende nur die Warnmeldung von April 2002, die im deutschen Südwesten für Angst und Schrecken gesorgt hat? Bei der Polizei hatte sich ein Anrufer gemeldet, der Osama bin Laden auf der A8 bei Stuttgart-Möhringen gesehen haben wollte. Auf dem Beifahrersitz eines 3er-BMW älteren Baujahrs. Wäre die Meldung echt gewesen, hätte die Fildermetropole Möhringen jenen Platz in der Geschichte einnehmen können, der nun der pakistanische Garnisonstadt Abbottabad zukommt.
 

 

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