Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (16. Oktober 2011)
 
   Traumberuf Superheld
 

   Keine Ahnung, welcher Generation Sie angehören. Meiner Generation wurde von Kinderbeinen an eingebläut, dass ihr sehnlichster Berufswunsch Lokführer oder Astronaut zu sein hat. Was ein richtiger Junge sein will, hiess es in den sechziger und siebziger Jahren, der will Lokführer oder Astronaut werden. Wäre ich bei einer Strassenumfrage gefragt worden, was ich werden will, ich hätte ohne zu zögern "Lokführer oder Astronaut" geantwortet. Umfragen kann man eben nicht trauen.

   Mir ist kein Fall bekannt, dass aus meinem persönlichen Umfeld einer Lokführer oder Astronaut wurde. Entweder waren das alles Versager, die von der Bahn und der Nasa eine Abfuhr erhielten. Oder sie haben allesamt gelogen und wollten in Wahrheit was ganz anderes machen, beispielsweise die Nachfolge von Herrn Kaiser bei der Hamburg-Mannheimer antreten.

   Hätte ich damals ehrlich geantwortet, ich hätte als Traumberuf Superheld angeben müssen. Ein Superheldendasein erschien und erscheint mir erstrebenswert - auch wenn sich das Aufgabengebiet im Lauf der Jahre gewandelt haben mag. Wer heute in der freien Welt als Superheld gefeiert werden will, sollte sich nicht aufs Taliban-Klatschen beschränken, sondern auch betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse mitbringen, um die nächste Bankenkrise zu parieren. Ist normal. An einen Investmentbanker werden auch andere Anforderungen gestellt als vor 150 Jahren noch.



   Ich steh' mehr auf die altbackene Variante des Superhelden. Zur Tarnung als Journalist einem bürgerlichen Beruf nachgehen. In der Freizeit abgedrehte Klamotten tragen, durch die Lüfte düsen und die Welt retten. Als Supermann kommt man rum wie früher Genschman. Man lernt interessante Leute kennen, und wenn's zur Sache geht, müssen andere den Dreck wegräumen.

   Solchermassen aufgeklärt dürfte es Sie nicht wundern, dass mich diese Woche zwei Meldungen bewegt haben. Eine handelt von einem 23-jährigen Mann, der sich Phoenix Jones nennt. Abends taucht der Kerl in einen nachtschwarzen Anzug, zieht eine Maske über und geht in der US-Metropole Seattle auf Verbrecherjagd. Offenbar ist der Superheld im Kampf gegen das Böse nicht zimperlich. Weil er mit Pfefferspray auf Menschen losgegangen war, wurde er neulich von der Polizei aus dem Verkehr gezogen.

   Superheld Numero zwo arbeitet ohne Pseudonym. Er heisst Hernert Chaves und kommt aus dem Land, wo das Pefferspray wächst. Der Filippino liess sich ein kantiges Kinn modellieren, die Lippen aufspritzen, den Oberkörper aufpolstern und die Haut bleichen. Chaves hat sich in den vergangenen 16 Jahren so oft unters Messer von Schönheitschirurgen begeben, dass er Superman wie aus dem Gesicht geschnitten ähnelt. Ausser, dass er den Aufschneider Mang vom Bodensee auf eine weitere Erwerbsquelle bringt, ist der Beitrag von Chaves zum Wohl der Menschheit eher klein. Er tut nur so, als sei er super, in Wahrheit aber ist er nicht ganz normal. Beide Fälle lehren uns: Nicht jeder Held hält, was er verspricht.

   So, liebe Leser, muss los. Rette sich, wer kann.
 

 

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