Eigentlich wollten wir an
dieser Stelle mal so richtig dem Pferd die Sporen geben, die
Sau rauslassen, den Hühnerstall stürmen. Und zwar weil uns diese
Weihnachtsruhe nervt. Fest der Liebe - Fest des Friedens - pah!
Ist doch alles Heuchelei. Wir haben keine Respekt vor Ämtern
oder christlichen Feiertagen. Kritische Journalisten sind wie
bissige Staatsanwälte. Unser einziges Bestreben, unser ständiges
Ziel ist die Anklage, die Bestrafung. Leider ist es nicht so
einfach in diesen Tagen.

Wir
wollten zum Beispiel mit der Occupy-Bewegung abrechnen. Das
sind die, die irgendwas gegen Banken haben und deshalb so lange
vor dem Bankautomaten zelten, bis ihnen wieder der Pin-Code
für ihre EC-Karte einfällt. Die haben jetzt vor, die FDP zu
unterwandern. Die Liberalen haben derzeit so um die 65 000 Mitglieder,
woraus diese Camper schliessen, dass sie nur 65 000 plus eine
Stimme bräuchten, um den Laden in eine Linkspartei verwndeln
zu können.
Dazu hätten wir Deftiges
zu sagen: Sind solche Kampfmassnahmen gegen eine Partei, die
in Meinungsumfragen seit Monaten kaum mehr nachweisbar ist,
nicht Leichenschändung? Und haben nicht die Bolschewisten im
Zarenreich die Unterwanderung erfunden? Kurzum: Wir waren kurz
davor, diese Obdach- und Orientierungslosen als kommunsitische
Leichenschänder zu verunglimpfen, als wir fogenden Text auf
deren Website lasen: "Uns ist es wichtig, dass über diese
Aktion berichtet wird. Egal was. Seien SIe ätzend, freuen Sie
sich, finden Sie diese Aktion absolut dumm, zeitgerecht, mainstream
oder intelligent. Uns ist völlig gleichgültig, wie Sie diese
Aktion finden. Schreiben SIe darüber auf Twitter oder Facebook,
in Ihrem Blog oder in Ihrer Zeitung. Mutmassen Sie, dass wir
Kommunisten oder Kapitalisten seien, dass wir linke oder rechte
Spinner seinen, unterstellen Sie uns, wir seien von der FDP
beauftragt, neue Mitglieder zu gewinnen. Wichtig ist nur, dass
Sie darüber reden. Das hilft uns nämlich sehr."
So
macht kritischer Journalismus keinen Spass mehr. Wenn man offene
Türen einrennt, wenn man mit dem erhobenen Zeigefinger in Watte
stösst, wenn man zum Nörgeln geradezu ermuntert wird, dann fühlt
man sich missbraucht.

Dann
machen wir halt den Wulff fertig, dachten wir. Rücktritt noch
vor Weihnachten, das war unser Ziel. Die Sache fing auch gut
an, aber dann hat dieser Wulff wirklich die allerfieseste Verteidigungsstrategie
gewählt: Was, Sie wollen die Kreditverträge für mein Privathaus
sehen? Hier, bitte schön! Und da ist noch die Auflistung all
meiner Urlaube bei Freunden. Volles Verständnis meinerseits,
meine Damen und Herren, Transparenz ist in einer Demokratie
wichtig. Und entschuldigen Sie bitte die Umstände, die ich Ihnen
mache. Ich hätte mich da wirklich früher erklären müssen, das
sehe ich jetzt ein. Wenn Sie noch Fragen haben, einfach anrufen!
Gut,
dachten wir, diese Umarmungstaktik wird ihm nicht viel helfen,
wenn die Opposition ihren Job macht. Aber nicht mal der allerletzte
Hinterbänkler lies sich dazu bewegen, den Rücktritt des Bundespräsidenten
zu fordern. Und warum? Weil sie sich alle nicht die Weihnachtsferien
versauen wollten! Wäre der Bundespräsident zurückgetreten, hätte
man innerhalb von nur drei Wochen einen neuen wählen müssen.
620 Mitglieder der Bundesversammlung wären zu bestimmen gewesen.
Frau Merkel hätte dann nicht in Ruhe ihre Gans in der Uckermark
braten können. Sie hätte sich mit Sigmar Gabriel (SPD) auf einen
Kandidaten einigen müssen. Beide wären tagelang nur am Telefon
gehangen.
Rund um Weihnachten ist das
Leben eben doch ein Ponyhof. Aber so ein Ponyhof. das ist kein
Leben.
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