Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (08. Januar 2012)
 
   Abnehmen leicht gemacht
 




   Auf die opulente Völlerei zum Jahresausklang folgen traditionell die Tage der Wahrheit. Das eigene Girokonto schrumpt, die Kinder arbeitsloser Eltern hören auf zu wachsen. Und Deutschlands Lieblingsvollweib Christine Neubauer gesteht endlich dem Kulturressort (!) des "Stern", sie sei früher ein "Diät-Junkie" gewesen, gefangen "im endlosen Kreisen um den eigenen Körper", immer auf der Suche nach der Traumfigur. Jetzt aber habe sie Gott sei Dank eine gefunden, liest man nicht ohne Neid. Die Traumfigur hört auf den Namen José, sei durchtrainiert, habe funkelnde Augen, Goldkettchen und üppiges schwarzes Haar. Singen könne José auch. Und Gitarre spielen. Allein beim Gedanken daran gerät man ins Schwitzen. Hossa!

   Man hätte gern weitergeblättert, aber mit den bratwurstdicken Fingern geht da schon lange nicht mehr. Ach, die purzelunwilligen Kilos. Mit letztes Kraft versucht man sich aus dem durchgesessenen Sofa zu wuppen, während die Hosennähte lauter aufjaulen als Neubauers neue Schmusegitarre und Orkantief Andrea zusammen. Deprimiert steht dann das Moppel-Ich vor dem Spiegel - und findet sich bis zur Kenntlichkeit entstellt. Das Gesicht glänzt wie ein ranziges Käsefondue-Rest. Zwischen den Speckrollen blinzeln eingeklemmte Zimtsterne und Rotkohlstreifen. Wo einst zierliche Zehen allmorgendlich freudig winkend die Welt begrüssten, drücken nun tumbe, schrundige Hufe aus den Pantoffeln. Der Body-Mass-Index übertrifft erstmalig das Bruttosozialprodukt Albaniens. Es drohen Diabetes, Rentenkürzung, Kugelblitze im Dschungelcamp oder, noch viel schlimmer, die alternativlose Umsetzung eines guten Vorsatzes keine Beaujolais mehr vor dem Frühstück. Oder erfolgreiches Abnehmen. Aber wie?

   Zum Glück gibt es unser Magazin, das bewährte kalorienreduzierte Wohlfühlmagazin mit den angesagtesten Fettweg-Tipps für die kommenden Wochen. So empfiehlt unser Team aus erfahrenen Diät-Junkies und Sofakartoffeln die Rössler-Diät. Beim galliggelben Heilfasten muss man aber tapfer sein: Täglich heisse Luft, fettarmen Koalitionsquark (unter drei Prozent) und dazu frisches Generalsekretärsgemüse - mehr gibt's nicht auf den Teller. Das macht rote Apfelbäckchen und wirkt herrlich abführend. In einem Jahr speckt man so mindestens 5000 Mitglieder ab und fühlt sich liberaler als um die Hüften denn je. Allerdings warnen nordkoeranische Hungerwissenschaftler vor dem Jong-Jong-Effekt. Fastenorgien ohne ärztliche Aufsicht können zu atomaren Flatulenzen und zum Anstieg des Meeresspiegels durch ausgiebiges Weinen führen.

   Gesünder als solche egomanischen Crash-Diäten sei das Abnehmen in der Gruppe (Wulff-Kur), die auf einer bewussten Fettzufuhr bei rhytmischer Bewegung in aller Öffentlichkeit basiert. Wochenlang gönnt man sich nur dünne Scheiben von der ganzen Informationssalami, windet sich wie ein Aal im Mediensud und scheidet giftige Schlacken auf fremden Anrufbeantwortern aus. Eine Rosskur, die zugegebenermassen nicht jeder aushält. Doch mit ein wenig Glück sind Sie nach diesem endlosen Kreisen um die eigene Albtraumfigur bald so schlank wie ein knackiger José. Oder noch besser: Unsichtbar.
 

 

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