Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (22. Januar 2012)
 
   Cazzo
 

   Deutsche Volkshochschulen melden Land unter. Sie können sich vor Anfragen nach Italienisch-Konservationskursen kaum noch retten. Und warum da alles? Weil viele Menschen das Tonbandprotokoll zwischen Gregorio De falco, dem Kommandanten der Küstenwache von Livorno, und Francesco Schettino, dem Kapitän des Unglücksschiff "Costa Concoria", im Original lesen wollen. Das Gespräch gipfelte in dem an den Kapitän gerichteten Befehl: "Vada a bordo, cazzo!" - "Geh an Bord zurück, du Schwanz!"

   "Vada a bordo, cazzo!" ist in Italien zum geflügelten Wort geworden. Menschen liessen sich den Spruch auf T-Shirts drucken. Auf der Titelseite der rechtspopulistischen Zeitung "Il Libero" war diese Woche die Karikatur einer in einem Ruderboot flüchtenden Kanzlerin Merkel zu sehen. Im Hintergrund ein havariertes Kreuzfahrtschiff namens "Europa Discordia", was nach Auskunft aus Volkshochkreisen mit "Europa der Zwietracht" übersetzt werden kann. Daneben der Ausruf: "Vada a bordo, cazzo!"

   Wie die Kanzlerin zum Cazzo passt, konnte und wollte uns kein Volkshochschullehrer sagen. Vielleicht handelt es sich um jene Art von südländischem Humor, die auch dem früheren italienischen Premier Silvio Berlusconi eigen ist, welcher dem Blatt rechts nahe steht.

   Doch zurück aufs Schiff. Wären bei der Katastrophe keine Menschen ums Leben gekommen, das Unglück hätte das Zeug zur Romanze gehabt. Kapitän Schettino, von "Spiegel online" zum "Capitano dilettante" degradiert, soll kurz vor der Kollision mit einem Felsen auf der Brücke Damenbesuch bekommen haben. Was für eine Vorstellung! Ein Latin Lover, der Anblick einer schönen Frau das nahe Ufer aus den Augen verliert. Das zeichnet einen Mann nicht für die hohe See aus, aber für die grosse Liebe.

   Aber nichts Genaues weiss man nicht. Nur so viel ist klar: Die Frau auf der Brücke war nicht die, die der Karikaturist von "Il Libero" davonrudern sah.
 

 

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