Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (11. März 2012)
 
Papüüür
 

   Was für die jungen Leute von heute Ballerspiele sind, das war für uns Ältere der Papüüürdrache aus dem Märchengarten vom Blühenden Barock in Ludwigsburg. Der Papüüürdrache, aus dessen Inneren ein furchteinflössendes "Papüüür, Papüüür" zu vernehmen war, hat uns gefesselt. Den Sensiblen bereitete er schlaflose Nächte. Die Mutigen haben sich dem Kampf mit dem Element gestellt. Sie sind bei der papüüürverarbeitenden Industrie gelandet und schreiben heute Kolumnen.

   Eigentlich ist der Name Papüüürdrache irreführend, besteht der Kerl doch nicht aus Papüüür, sondern aus Beton. Der Papüüürdrache hat uns nicht nur Mores gelehrt, sondern auch Benimm. Wenn man ihm einen Papüüürschnipsel in den Schlund warf, hat er sich bedankt. Es hat Jahre gedauert, bis wir kapiert haben, dass der Papüüürdrache auch auf andere Dinge mit "Danke" reagiert hat, auf Vesperbrote und gebrauchte Windeln.

   Wenn Sie von irgendwoher "Papüüür, Papüüür" vernehmen, dann befinden Sie sich nicht zwangsläufig im Märchengarten. Es könnte auch sein, Sie sind auf einem Herrenklo. Einer repräsentativen Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung zufolge verlangt jeder zweite Mann auf dem Lokus nach Lektüre. Bei Frauen ist's nur jede Vierte. Während Frauen auf der Schüssel gern zur Zeitschrift greifen, geben Männer dem Zeitungspapüüür den Vortritt. Das ist übrigens der Grund, warum diese Kolumne seit Jahren dieselbe Länge hat. Sie ist exakt so lang, wie ein durchschnittlicher deutschen Mann für seine durchschnittliche Sitzung braucht.

   Offenbar gibt es den Animationsklotz zu Ludwigsburg nach wie vor, auch wenn man ihm mittlerweise anmerkt, dass er in die Jahre gekommen ist. Noch immer bedankt er sich artig, wenn man ihm Futter verabreicht. Wäre er auf der Höhe der Zeit, würde er hin und wieder einen Rülpser hören lassen.

   So, meine Herren, und jetzt bitte "Spüüülen"!
 

 

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