Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (18. März 2012)
 
   Rücken haben
 


   Vergangene Woche stand ganz im Zeichen des Rückens. Sollte jemand nichts mitbekommen, quasi mit dem Rücken zum Nachrichtenfluss gestanden haben, dem sei gesagt: Am Donnerstag war Tag der Rückengesundheit, sozusagen eine Art von Weltrückentag. Bite nicht verwechseln mit dem Weltbrückentag, an dem sich zu Beginn des Kalenderjahres überall auf der Welt angespannt wirkende Arbeitsnehmer am Schreibtisch des Abteilungsleitersversammeln, um ihre Urlaubstage möglichst wirksam zu platzieren und jedes Mal vor Schmerzen aufzuschreien, wenn ihnen das nicht gelingt.

   Ja, das Leben ist lebensgefährlich, ganz besonders im Büro. Fast die Hälfte der Menschen leidet unter Rückenschmerzen, jeder zehnte Krankheitstag hat mit dem Kreuz zu tun. Das behauptet zumindest die Techniker Krankenkasse, die im Vorfeld des Rückentags eine Studie auf den Markt warf, von der man allein schon beim Lesen ein Ziehen an der Wirbelsäule verspürte.



   Ständiges Sitzen vor dem Computer ist völlig ungesund, weshalb wir diese Kolumne in Etappen schreiben - ganz nach dem alten Bürgerrechtlermotto: Steht auf für eure Rücken!

   Gerade waren wir zum Beispiel beim Drucker, wollten uns schlaue Texte holen über den Rücken, wie man ihn pflegt, was man gegen Schmerzen tut und so. Doche der Drucker sagte: "Resttonerbehälter ist voll. Bitte informieren Sie den Service." Welchen Service? Was heisst das nun schon wieder? Wir gingen ein bisschen durch die Redaktion auf der Suche nach einem Sachverständigen. Ist es heutzutage nicht so, dass der Drucker im Störungsfall automatisch und selbstständig den Service anruft? Was ist ein Resttonerbehälter - so etwas wie früher der Aschekasten beim Ofen? Und wenn wir sozusagen auf eigene Faust diesen Behälter leeren - birgt das nicht erhebliche Gesundheitsrisiken? Ist Tonerstaub nicht quasi tödlich?

   Als einfacher Büroarbeiter hat man eigentlich nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: Klebt man an seinem Stuhl, kriegt man Rücken. Verlässt man seinen Schreibtisch, begegnen einem Raucher oder gestörte Drucker, die womöglich beide Lungenkrebs verursachen, wenn man sich länger mit ihnen beschäftigten würde. Wir verspürten das dringende Bedürfnis, darüber mit unserem Chef zu reden, der ja quasi hier der Silberrücken ist, wenn uns die Bemerkung gestattet ist, womit wir aber nicht gesagt haben wollen, dass hier ein Affenladen wäre, um Gotteswillen, nein, natürlich nicht. Tut Buckeln nach oben eigentlich auch weh? Jedenfalls holten wir den Chef einer Funktionsstörung am Drucker dann lieber doch nicht aus dem Meeting, auch wenn es seinem Kreuz sicherlich gutgetan hätte.



   Deutschland rückt zusammen. Der Satz von Hape Kerkelings komischer Figur Horst Schlämmer - "Ich habe Rücken!" - ist mehrheitsfähig. Gäbe es eine Partei mit dem Slogan "Wir haben was gegen Ihren Rücken!", könnte die anderen einpacken. So viel Rücken war nie.

   Heute wählen sie den neuen Bundespräsidenten. Nach dieser Woche würde uns nicht wundern, wenn er demnächst sagen würde: Es muss ein Rücken durch Deutschland gehen.
 

 

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