Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (10. Juni 2012)
 
Ein Stück aus dem Zollhaus
 

   Das Ding der Woche ist natürlich der rund 30 Kilo schwere Teppich des Dirk Niebel, neun Quadratmeter gross, für 1000 Euro in Afghanistan gekauft und mühsam nach Deutschland geschmuggelt. Leider ist die Sache aufgeflogen. Jetzt muss nachverzollt werden, was natürlich sehr unangenehm ist.



   Dirk Niebel, Zoll für Zoll ein Parteisoldat, war einst Generalsekretär der FDP und hat dann die undankbare Aufgabe übernommen, das Entwicklungshilfeministerium zu leiten, das seine Partei eigentlich abschaffen wollte. Er hat bewiesen, wie nützlich auch ein solches Ministerium sein kann. Man kann dort prima verdiente Parteifreunde unterbringen und so dafür sorgen, dass sich durch die Entwicklungshilfe auch noch nach dem Ableben der FDP, das ja immer wieder heraufbeschworen wird, ein feiner liberaler Faden ziehen wird.

   Das Netz an Vertrauten, das Niebel geknüpft hat, ist mittlerweise so eng, dass man es als gelben Teppich verkaufen könnte, auch wenn missgünstige Menschen das Ganze als Filz bezeichnen. Zu denken geben sollte Niebel aber die Tatsache, das trotz allem die Sache mit dem Teppich durchgestochen wurde, sein feines Geflecht muss irgendwo eine undichte Stelle haben. Was ist das für ein Land, in dem man nichts mehr unter den Teppich kehren kann, wo die Beschaffung privater Bodenbeläge zur Staatsaffäre wird? So kann man nicht regieren.

   Aber das hat Niebel sich leider nicht getraut zu sagen. Aus liberaler Sicht ist ja weniger verwerflich, was er getan hat. Das unverzollte Ein- und Ausführen irgendwelcher Waren dürfte in der Welt der Regierungsmitglieder und Diplomaten gang und gäbe sein. Allein in Österreich sind 3138 Personen im Besitz eines Diplomatenpasses - darunter auch einige ehemalige Regierungsmitglieder und deren Ehefrauen. So ein Diplomatenpass scheint das Leben sehr zu erleichtern.



   Niebels wahre Schandtat ist seine kleinlaute Verteidigung, sein Reden von einem "Missverständnis", das er sehr bedaure. Warum stellt sich der Mann nicht hin und sagt, was ein echter Liberaler sagen muss: Zölle sind Relikte aus dem Mittelalter, eine Art von modernen Raubrittertum, Ausfluss von purem Egoismus und wirtschaftlich betrachtet ein Handelshemmnis. Würde man die Zölle abschaffen, bräuchte man keine Entwicklungshilfe mehr, dann könnten die Afghanen beispielsweise mehr Teppiche nach Deutschland verkaufen. Ein riesiger bürokratischer Apparat, der mehr kostet, als er einbringt, gängelt hier die Bürger. Wer alle Zollvorschriften kennt und versteht, der möge vortreten und widersprechen.

   Das hätte Niebel sagen sollen, anstatt verschämt in seinen Teppich zu weinen: Ich bin Schmuggler, und das ist auch gut so; nieder mit den Zollgrenzen, Diplomatenstatus für alle! Hat er aber nicht gesagt, der Niebel. Einfach keine Eier in der Hose, dieser Mann. Und so müssen wir als rechtschaffene Bürger auch weiterhin die paar wenigen Stangen an billigen Zigaretten, die wir von den Kanaren mitbringen, vor der Einreise auf hilfsbereite Nichtraucher verteilen.
 

 

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