Es gibt wundervolle Berufe
auf dem globalen Arbeitsmarkt. Wer gern Massanzüge trägt, gut
trainiert ist und nicht davor zurückschreckt, hin und wieder
die Welt zu retten, kann sein Glück als doppelte Null beim britischen
Geheimdienst versuchen. Auch die Karriere als Verwaltungsangestellter
im öffentlichen Dienst mag für viele nicht ohne Reiz zu sein,
selbst wenn die Weltenrettung hier eher unspektakulär und im
Kleinen vor sich geht.
Jenseits solcher
persönlichen Kriterien gibt es eine Tätigkeit, die alle schönen
Berufe in den Schatten stellt. Es ist der Beruf des Kolumnisten
in unserer Redaktion. Ausser während der grossen Ferien. Da
wird der Job zur Qual.

Nicht
selten merkt man das den Ausscheidungsprodukten eines Autors
an, wobei der sich früher aus der Affäre ziehen konnte, indem
er sich aufs Sommerloch berief. Gesehen hatte das Sommerloch
noch niemand, aber mit dem Sommerloch verhält es sich ähnlich
wie mit dem lieben Gott. Dass man etwas noch nicht gesehen hat,
beweist noch lange nicht, dass es nicht existiert. Leider lässt
sich die Legende vom Sommerloch in diesen vernetzten Zeiten
kaum aufrecht erhalten. Das Netz ist so engmaschig und der Informationsfluss
so unaufhörlich, dass einem keiner mehr ein Sommerloch abkauft.
Man
hätte diese Woche etwas darüber schreiben können, dass eine
98-jährige Urlauberin aus Bayern auf dem 240 Kilomter langen
Weg zu ihrem Campingurlaub in Waldshut-Tiengen kurz vor dem
Ziel die Orientierung verloren hat. Oder darüber, dass sich
der britische Popsänger Robbie Williams neuerdings nicht mehr
für Aliens interessiert. Oder darüber, dass die Mehrzahl der
deutschen Autofahrer der Meinung ist, die grössten Verkehrsrowdys
in einem schwarzen BMW sitzen.

Alles
wunderbare Themen, zu denen einem jederzeit etwas eingefallen
wäre. Womöglich wäre es einem sogar gelungen, die Meldungen
unter einen Hut zu bekommen, und am Ende wäre Robbie Williams
von eienm 98-jährigen aus Bayern stammenden weiblichen Alien
angefahren worden, der auf einem Campingplatz in Waldshut-Tiengen
die Orientierung verloren hatte.
Warum
aber sollte einem so etwas einfallen? Ist doch eh keiner da.
Warum sollte man in den Schulferien einen halbswegs originellen
Gedanken fassen, wo man doch davon ausgehen muss, dass das Gros
der Leserschaft gerade auf einem Campingplatz in Waldshut-Tiengen
abhängt - und sich fragt, woher es eigentlich den Typen kennt,
der da von einem 98-jährigen Alien in einem schwarzen BMW angefahren
wurde. In der Zeit der kollektiven Abwesenheit fällt Menschen
mit Sendungsbewusstsein das Schaffen schwer.

Ein
Leser wollte wissen, ob ich "Ökourlaub mit Fahrrad und
Balkon" mache. Ja, habe ich geantwortet. Egal, wohin ich
verreise, das Fahrrad und der Balkon kommen immer mit. Ich frage
mich, ob die die Pointe nicht zu gut. Wo doch alle weg sind.
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