Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (24. Februar 2013)
 
Schwamm dr�ber!
 

   Deutschland, kein Winterm�rchen. Mit Gasreinigern bewaffnet starrt man durch schlierige Fenster ins nasskalte Februar-Grau, derweil aus der Mikrowelle ein leises Wiehern erklingt. Schmutz und Intransparenz, wohin man auch blickt. Die zerfurchten Strassen sehen aus wie nach einem Meteoriten-Regen. Oder war es wieder einer dieser f�rchterlichen Shitstorms? Eine missgl�ckte Strompreisvollbremsung von Peter Altmaier?

   Unklar. Jedenfalls tun sich menschliche Abgr�nde auf. �berall. So wie auch in ungef�hr jeder zweiten Buchbesprechung von Elke Heidenreich ("Auflesen!"). Der Staubwedel der deutschen Literaturkritik feierte letztens den 70. Geburtstag. Sauber! Dank Heidenreich weiss jeder Sofakr�mel, wie man das Alterswerk von G�nter Grass, Rainer Br�derle und Martin Walser einer ordnungsgem�ssen Lekt�re zuf�hrt. Mit Hilfe eines handlichen Dampfreinigers wird jede Seite so lange heiss abgestrahlt, bis alle phallus�hnlichen Konsonanten auf Normalmass geschrumpft sind. Danach liest sich alles so schwammig wie der Koalitionsvertrag in Niedersachsen oder die allgemeinen Gesch�ftsbedingungen von Amazon.



   H�chste Zeit also f�r einen seelischen Fr�hjahrsputz. Doch bevor man nun halbherzig mit dem B�rsten und Ledern beginnt, um alsbald frustriert das Putztuch zu werfen, hier ein Ratschlag. Wer porentiefe Sauberkeit will, gleichg�ltig ob im Untersuchungsaussch�ssen, Zeitarbeitsvertr�gen, Tiefk�hltruhen oder Stasiakten, darf sich von polierten Oberfl�chen nicht t�uschen lassen. Manchmal hilft nur noch die Chemiekeule. Es d�rfte sich mittlerweile auch bis ins Schloss Belevue herumgesprochen haben, dass allein mit verunreinigten Ohrst�bchen und mildseifigen Betroffenheitsreden nichts gegen mordsbraune Verf�rbungen in unserer Gesellschaft auszurichten ist. Auch ist nicht jeder Rotweinfleck ein Fauxpas, dem man mit einer Prise Salz und ein wenig Scheuern beikommt, vor allem nicht, wenn sich der Fleck auf der eigenen Leber befindet. Ein vermehrter Einsatz von Mineralwasser k�nnte durchaus helfen, auch nach der Fastenzeit.

   In Italien schw�ren viele neuerdings auf Hygiene-Tipps aus der guten alten Zeit von Oma Berlusconi: Eine schmierige Hand w�scht die andere - und in Rom und WC ist alles o.k. Die Selbstreinigungskolonne der hiesigen CDU empfiehlt allerdings bei hartn�ckigen Verfilzungen alter Ministerpr�sidentensessel ein brutalstm�gliches Ausstrobln und Weghaukn. Doch Vorsicht! Beim L�ften alter Aktenordner drohen Kontaktallergien (Mappusiasis vulgaris) mit Erinnerungsekzemen und Mitl�ufer-Quaddeln.

   Die Lebensmittelindustrie warnt hingegen vor der Niedlichkeitsfalle beim Teller-Leerputzen. Bloss weil einem etwas mit kullernden Augen aus dem Kantinengulasch anguckt - Ponys, Seepferdchen oder rum�nische Tanzb�ren -, heisst es noch lange nicht, dass man es nicht im Verdauungstrakt billig entsorgen kann. Denn: Nicht essen ist auch keine L�sung. Let's putz!

 

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