Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (10. März 2013)
 
Holt den Schwager vom Kutschbock!
 

   Man hätte gern was zum Weltfrauentag nachgeschoben. Was Nettes, Freundliches, Aufmunterndes, einen bunten Strauss mit Komplimenten. Nicht immer nur Blumen und Mon Chéri. Aber man traut sich nicht. Sonst ergeht es einem wie dem Herrn Staatsoberhaupt.

   Soll ein unbedachtes Wort im Zusammenhang mit der Sexismusdebatte gesagt haben. Gauck und ein unbedachtes Wort? Kann ich mir nicht vorstellen, dass der jemals ein unbedachtes Wort gedacht hat. Jedem Mann auf diesem Globus ist ein unbedachtes Wort zuzutrauen. Aber nicht Gauck, diesem blitzgescheiten Pfarrer a.D., dem die Frauenherzen schon deshalb zufliegen, weil er in jungen Jahren dem US-Schauspieler James Garner in der Rolle des Privatdetektivs Jim Rockford teuflisch ähnlich sah. Und Roger Willemsen auch nicht. Aber sonst allen.



   Auf die Sexismusdebatte angesprochen, hat Gauck im "Spiegel" gesagt: "Wenn so ein Tugendfuror herrscht, bin ich weinger moralisch, als man es von mir als ehemaligem Pfarrer vielleicht erwarten würde." Hat er gesagt. Ohne rot zu werden. Jedenfalls haben sie es nicht geschrieben. Hätte er besser nicht gesagt. Und dann hat er noch gesagt, dass er "eine besonders gravierende, flächendeckende Fehlhaltung von Männern gegenüber Frauen" nicht erkennen könne. Eins muss ich sagen, "flächendeckend" hätte ich als Frau dem Gauck bei dem Thema nicht durchgehen lassen!

   Früher hätte man gesagt, "Der Gauck redet Stuss" oder "Ich bin nicht seiner Menung", Heute ist man "erschüttert", verfasst Appelle und schaut, dass im Internet die Drähte glühen. Drunter macht man es nicht. Egal, um was geht. Wenn in meiner Jugend ein Schüler sitzenblieb, drehte er "eine Ehrenrunde". Heute erwartet man von Heranwachsenden ein mittelschweres Trauma. Taucht in einem Biokopfsalat ein Würmlein auf, von dem nicht klar ist, ob es je grün gewählt hat, twittert man: Lebensmittelskandal! Langsam habe ich den Eindruck, dass wir ein Volk von Opfern sind - und am schlimmsten trifft es die, die mkein Trauma vorweisen können.

   Der "Zeit"-Kolumnist Harald Martenstein schrieb diese Woche, "dass ich zu keiner einzigen gesellschaftlichen Opfegruppe gehöre und in jeder gottverdammten Debatte immer Teil der Tätergruppen bin, Männer, Deutsche, Weisse, Besserverdiener. Das ist ein Scheissgefühl."



   Ich habe mir überlegt, was passieren würde, wenn Gauck wie wieland Walter Scheel, unterstützt von zwei Düsseldorfer Männergesangsvereinen (!), in einer TV-Show ein Volkslied anstimmen würde. Haben sie den Text noch im Kopf? "Hoch auf dem gelben Wagen / Sitz' ich beim Schwager vorn."

   Hallooo, geht's noch? Und wo ist die Schwägerin? Taucht nirgends auf. Man muss Scheel zugutehalten, dass er erst ein halbes Jahr später zum Bundespräsidenten gewählt wurde. Heute gäbe das Krieg. Aber gut, ich glaube, so was würde Gauck nicht machen.

 

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