Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (23. Juni 2013)
 
Freigelassene Mails
 

   Received: from s000016.swr.de [217.66.35.13] by g20312. Received: from mx.expurgate.net [195.190.135.10:53160] by s00016.wr.de with esmtp ... Sie wollen wissen, was das heissen soll? Nun, in der Luft schwirren Milliarden E-Mails und Twittermeldungen herum, zwischen die sich Facebook-Profile wie Zeppeline des Online-Zeitalters schieben. Die obigen Zahlen-Buchstaben-Kombinationen haben wir mit einem handelsüblichen Küchensieb abgefangen. Es handelt sich um Spam, also um unerwünschten Dreck im Postfach des Internetbenutzers. Ein geltungssüchtiger und von perversen Freiheitsutopien besessener Ex-Geheimagent hat jetzt den Spam-Ordner der Amerikaner geöffnet und noch mehr Mails freigesetzt. Viele User kippen biologisch abbaubare Scheuermilch über den Computer, können aber das widerliche Getümmel nicht ersticken. In den USA hülfe statt Putzmittel allenfalls ein Atomschlag, denn der Speicher erstreckt sich von den grossen Seen bis Arizona. Seit er geöffnet ist, wird in grossen Städten durch Billionen freigelassener Mails die Luft so dick, dass motivlose Brutalität und Dyskalkulie grassieren.



   Da findet sich Banales ("Lieber Präsident, haben Sie einmal darüber nachgedacht, wie karrierefördernd weisse Zähne sind?" ... liefern wir Ihnen gegen Vorkasse unser neues Bleichmittel ...") neben brisanten politischen Enthüllungen ("... hat unser Geheimdienst gerade festgestellt, dass der Eiserne Vorhang in Europa gefallen ist. Folgt weitere Analyse"), abgehörten Mails befreundeter Nationen ("Merkel: Kann nicht jemand diesen Chinesen in der FDP zum Schwiegen bringen? Altmaier: Wie immer die Nummer 112 - Pizza Fünfjahreszeiten mit extra Fleischkäse. Mein Name ist gespeichert. Hollande: Merde! Proteste gegen mich! Erwäge Rente mit 47. Und: Schickt GPS-Handy. Habe mich im Élysée verlaufen"). Die restlichen gemachten Mails enthalten Pläne für eine Weltverschwörung. Sie nutzen als Verschlüsselung den sagenumwobenen Google-Übersetzungsalgorithmus. Auch der Spam-Ordner unserer Redaktion quillt über: "Ich habe Gott um Vergebung gebeten und ich glaubte, hat er. Ich werde in zu gehen für eine Operation am Freitag. Lies Römer 1:16-17" Hier geht es offensichtlich um eine Geheimoperation von Islamisten in Rom am 16.1. um 17 Uhr.

   Man kann nicht vorsichtig genug sein. Ein per Twitter versandter Gutenachtkuss stammt womöglich von von einem perversen Hacker aus der Nachbarschaft, und die im Internet bestellten Spaghetti entlassen beim ersten Biss einen Code, der Kontodaten entschlüsselt, die ... Ups! Jetzt hätten wir fast eine Mail verschluckt, die in dem Bier schwimmt, das wir beim Schreiben immer trinken. Mal lesen: "... schreibe ich Ihnen, die von einem immens grossen Nutzen für beide von uns sein wird. In meiner Abteilung entdecke ich eine verlassene Summe von 16,5 Millionen auf einem Konto, das zu einem unserer ausländischen Kunden aus Mexiko gehört ..." 16,5 verlassene Millionen?! Wir sind dann mal weg. Nur noch schnell austrinken.

 

Zurück