Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (20. Oktober 2013)
 
Sie fliegen in den Lüften, Vögeln gleich
 

   Sensationelle Neuigkeit aus dem Luftfahrsektor: Die Lufthansa verteuert von November an die Plätze an den Notausgängen. Nicht die nahe Tür lässt den Preis bei Interkontinentalflügen um 60 und bei Europaflügen um 20 Euro in dramatische Höhen steigen. Die grössere Beinfreiheit ist's. Im Grunde hat die Kundschaft nun die Wahl: Gönne ich mir ein kommodes Plätzchen? Oder kauf ich mir für 39,90 Euro Thrombosestrümpfe?

   Das ist nicht die einzige Neuerung, mit der sich die wirtschaftlich angeschlagene Airline dem Kampf in der dünner werdenen Höhenluft in der Branche stellt. Es wird auch darüber nachgedacht, für besonders flugtüchtige Passagiere Plätze auf den Tragflächen (Stichwort: Flächentarif) anzubieten.



   Ältere Passagiere sollen mit nostalgisch anmutenden Beigaben zum Abheben angeregt werden. Sämtliche Bordtoiletten der Flotte werden mit Pilotenbrillen bestückt. Auch das Filmangebot soll entsprechend ausgebaut werden, mit prickelnden Klassikern aus der Hochzeit des deutschen Autorenfilms, als die Dienstleistung der Flugbegleiterin noch weit über das Ausschenken von Alkoholika und Tomatensaft hinausging. Den Anfang macht der Kassenschlager "Stewardessenreport - Sie fliegen in den Lüften, Vögeln gleich".

   Auf Langstrecken sollen die Passagiere mit gesellschaftskritischen Verkleidungsspielen an die ozonlochfördernden Jugendsünden von Sascha Hehn und Ingrid Steeger herangeführt werden. Beim Anflug auf Berlin biete sich das Abwerfen von Carepaketen an. So werde das Unterhaltsame mit dem Humanitären verbunden.

   Die Economy-Klasse, bisher die günstigste Möglichkeit, um einen hoch zu bekommen, wird um eine Holz-Kategorie nach unten erweitert (Stichwort; Downsizing). Busswillige katholische Würdenträger können sich nicht nur bei Italienflügen einen in der Beinfreiheit komplett eingeschränkten Bischhofssitz buchen. Versteht sich von selbst, dass der filmische Schmuddelkram aus den Siebzigern hier nicht zu sehen ist. Allerdings werde erwogen, durch die Frischluftdüsen an der Kabinendecke mal so richtig den Weihrauch reinzulassen.



   Mit einem originellen Service buhlt Air Berlin um Kundschaft. Die neue Schwestergesellschaft Er Berlin operiert vom kommenden Jahr an mit einer reinen Männer-Crew. Das Angebot, so eine Sprecherin, richte sich sowohl an die Gay-Community als auch an weibliche Kegel-Gesellschaften.

   Verlassen wir nun auf der Notrutsche den Satiresektor. Wer glaubt, mit einem Plätzchen beim Notausgang auf der sicheren Seit zu sitzen und im Ernstfall als Erster von Bord hüpfen zu dürfen, werfe einen Blick ins Kleingedruckte. Der Platz werde nur an Menschen vergeben, schreibt die Lufthansa, die in "guter körperlicher Verfassung" seien, um den Ausgang "korrekt bedienen zu können". Soll heissen: Sie gehen als Letzter von Bord - noch nach Stewardess Steeger und Kapitän Hehn. Dann doch lieber Thrombosestrümpfe.

 

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