Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (09. Februar 2014)
 
Morsezeichen aus Sotschi
 

   Was bisher geschah: Den Skistiefeln, Rodelschlitten und der Funktionsunterwäsche unserer Olympioniken geht es den Umständen entsprechend gut. Auch die Sportler logieren, so weit zu hören ist, in annehmbaren Unterkünften. Nur die Weltpresse muss darben.

   Sie sieht sich genötigt, in Hotelruinen zwischen Zementsäcken und Pyramiden von Farbeimern ihr Lager aufzuschlagen. Wohl dem, der bei Hornbach gerade ein Projekt laufen hat und anpacken kann. Oder niemals ohne sein ausklappbares Ikea-Feldbett "Fikspaten" in der Brieftasche aus dem Haus geht.



   Wir schalten jetzt live in unsere Sendezentrale irgendwo in der schwäbischen Tundra. Seit Stunden liegen wir, ein Ohr an den Heizkörper gepresst, im Bad und warten auf Morsezeichen aus dem Kaukasus. Twittern war gestern, nach den jüngsten Abhörskandalen haben wir uns auf Anraten des Altkanzlers und Putin-Freund Gerhard Schröder für eine zuverlässige Nachrichtenübermittlung entschieden. Vergangene Nacht hat sich unser Reporter aus Sotschi das letzte Mal gemeldet. Zuerst mit einem zaghaften SOS. Dann ging er ins Detail. Inzwischen habe er zwar fliessendes Wasser im Flur, aber aus dem Hahn im Bad komme nur eine braune Brühe.

   Unser Redaktionspsychologe, ein hochdekorierter Gebäudemanager, riet, dem Kollegen gut zuzureden. Also erinnerten wir ihn, den alten Kempen, an Atlanta (1996) und Salt Lake City (2002). Bei den Amis gab es braune Brühe aus Kannen, Kaffee.

   Inzwischen hat sich unser Ausnahmereporter wieder beruhigt, nachdem er in seinem Kulturbeutel auf eine selbstaufblasbare Luftmatratze (Typ "Elvira") und seine ADAC-Plus-Mitgliedskarte gestossen war. Das weltweit gültige Rundum-sorglos-Paket endet nicht beim Unterbodenschutz fürs Auto. Wenn es hart auf hart kommt, lassen Gelbe Engel Carepakete mit Heizdecken, Präservativen und Trockenshampoo aus Rettungsfliegern schneien.

   Unter uns gesagt: Der Herr Reporter soll sich nicht so anstellen. Sotschi ist halt kein Wattepusten wie ein VfB-Trainingslager in Südafrika. Der olympische Wanderzirkus versprühte von jeher den Charme eines Provisoriums. Athen 2004 verlor der Typ keinen Ton über die antike Schutthalde namens Akropolis.



   Zuversicht verströmte Russlands Präsident Wladimir Putin, indem er sich mit einem Leoparden ablichten liess. Die Katze wirkte entspannt, als hätte sie gerade ein paar marodierende Pressefritzen verspeist.

   Dann schreckte eine Warnmeldung die ungeduschte Journalistenschar auf. In den Bergen unweit der Schwarzmeerküste sei Edward Snowden gesichtet worden. Schliesslich die Entwarnung, es war nur Snow.

   Letzte Meldung aus Sotschi. Aus dem Spa-Bereich einer 28-Sterne-Unterkunft in der Bergregion um Krasnaja Polijana dringt das befriedigte Röcheln 90-jähriger IOC-Funktionäre. Der olympische Gedanke wird auch in Zukunft hochgehalten.

 

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