Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (06. April 2014)
 
Selfies
 

   Die Menschheit wird immer selbstsüchtiger. Nicht mal Portraitfotografen sollen noch einen Cent an ihr verdienen. Immer öfter legen Menschen selbst Hand an. Selfies heissen die Schnappschüsse, bei denen sich einer sein fotografierendes Mobiltelefon vor die Fresse gehalten und abgedrückt hat.

   Selbst die Schönen und die Wichtigen schrecken vor schamlosen Selbstbelichtungsorgien nicht zurück und stellen Fotos ins Netz, bei denen jeder ehrwürdiger Paparazzi ein schlechtes Gewissen bekäme. Fussballer drücken bei der Siegesfeier unter der Dusche auf den Auslöser. Angeschwitzte Hollywood-Stars lichten sich nach der Oscar-Verleihung ab - und kassieren Millionen vom freundlichen Smartphone-Konzern.

   Selbst bei Harald Schmidts letzter Late-Night-Show auf dem Bezahlkanal Sky gab es hinterher noch was zum lachen und zu belichten - und das, obwohl der Katholilk Schmidt noch während der Sendung gestand: "Ich dachte Selfie ist das, was meine Kirche immer verboten hat - wegen Rückenmarkbeschädigung."



   Am Ende grinste auch er ins Telefon, und Schauspieler Jürgen Vogel postete das Bild in die Welt hinaus, auf dem neben Schmidt und Vogel noch fünf weitere Pominasen zu sehen sind - also mehr Leute, als bei Schmidt in den vergangenen Jahren vor der Glotze gehangen haben.

   Manchmal kann der Selbstschuss auch nach hinten losgehen, wie US-Präsident Barack Obama diese Woche im Weissen Haus erfahren musste. Als sich ein Star des Basketball-Teams Red Sox mit ihm ablichtet, grinste Mister Präsident: Cheese! Dabei war der Hintergrund fies. Angeblich soll das Foto für eine Werbekampagne des Smartphone-Herstellers ausgeschlachtet werden.

   All den jungen Menschen, die glauben, die Selfie-Manie seien eine Erfindung der Neuzeit, rufen wir zu: Schon die alten Meister haben Selfies gemacht! Dürer, da Vinci, Rubens, van Gogh, Gauguin, Renoir - alle hatten sie einen Hang zur Selbstdarstellung. Sogar in Öl.

 

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