Der gemeine Mensch ist dümmer,
als er denkt. Gerade wenn er das Gefühl hat, für einen Moment
alles im Griff und Blick zu haben - den Alltagsplunder, die
Karriereleiter, die Urlaubsplanung, das Liebesleben, das Wochenendwetter,
den Pollenflug, den Kontostand, den Alkoholpegel, den Blutdruck,
die Kalorienzufuhr, die Fernbedienung - ja genau dann kann es
vorkommen, dass so einen fein ausbalancierten Normalmenschen
etwas Viereckiges komplett aus der Bahn wirft, was partour nicht
in seinen Rundschädel passt. Ein Stück Papier, eine Website,
ein Brief. Darin ist zum Beispiel das Wörtchen "Anhörung"
zu lesen. Oder auch "Vorbehalt der Nachprüfung". Kantiges
Kauderwelsch vom Finanzamt, nie und nimmer zu verstehen, weder
im wörtlichen noch im übertragenen Sinn.
Was
folgt? Schuldzuweisung, Selbstzerfleischung. Ein Stahlbad im
Angstschweiss. Innerlicher Abschied von den Liebsten. Landsberger
Götterfantasien. Und ein Anruf. Halb so schlimm, tröstet der
Finanzmensch, Anhörung bedeute im höheren Steuerpalaverdeutsch
lediglich, dass man als Bürger Stellung nehmen kann, was eigentlich
nett ist. Und "Vorbehalt der Nachprüfung" heisst auch
nur, dass eine spätere Überprüfung des Steuerbescheides möglich
ist.
Alles gut? Nix ist gut. Nicht
nur in Steuerdingen fühlt man sich in dieser Welt andauernd
wie ein Depp, ein depperter Trottl, wie der Österreicher granteln
würde. Man steht gern mal wie der arme Ochs vorm Berg, die ahnungslose
Kathrin Müller-Hohenstein vor dem deutschen WM-Quartier oder
ein osteuropäischer Räuber vor einer oberösterreichischen Bankfiliale.
Anfang der Woche misslang im Allhaming bei Linz ein minutiös
geplanter Banküberfall von fünf Freunden vom Balkan, weil die
mutmasslichen Täter zu früh dran waren. Die Filiale war morgens
noch geschlossen, und die Angestellte hinter der Glastüre wollte
trotz heftigem Gewinke mit der Schusswaffe nicht öffnen. Was
lernen wir daraus? Schuld an allem ist nur die EU-Osterweiterung.
Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben. Und wer die Öffnungszeiten
seiner Bank im Internet nicht findet, der verdient nicht mal
eine Anhörung vor dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mehr zum Thema
Deppentum und falsche Kumpels findet der interessierte Leser
im recht unrund eiernden Rundumschlag unseres Ex-Bundespräsidenten.
Ganz
oben, ganz unten, so schnell kann's gehen. Vor allem brasilianische
Mittelstürmer leiden unter der geheimnisvollen Fallsucht. Plötzlich
liegen sie wie eleptische Südfrüchte im viereckigen kroatischen
Strafraum, und diese Pfeife aus Nahost, die im traditionellen,
japanischen Kabuki-Theater (Posen, Schminke) zum Fussballschiedsrichter
ausgebildet wurde, gibt tatsächlich den Elfmeter. Trottl! Bei
so viel Quadratschädligkeit auf der Welt ist die Trauer um einen
klugen Kopf wie den verstorbenen Intellektuellen und Journalistenkollegen
Frank Schirrmacher umso grösser. Noch dämlicher als der Tod
ist nur das Leben selbst. Es ist das Eckige, das einfach nicht
ins Runde will.
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