Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (06. Juli 2014)
 
Schwatze Null
 

   Die Bundesregierung hat in der zurückliegenden Woche Historisches in die Wege geleitet. Erstmals seit 46 Jahren will die Regierung im Jahr 2015 ohne die Aufnahme neuer Schulden auskommen. Es wäre der erste ausgeglichene Etat seit 1969. Fachleute nennen sowas Nullverschuldung.

   Die Nullverschuldung ist politisch nicht sexy, sondern eher etwas für Buchhalter. Wenn man eine Null teilt, kommt stets null raus. Man hat also nichts, was man unters Wahlvolk bringen könnte. Unvorsichtigerweise hat die Politik die Nullverschuldung in der Verfassung verankert. Seitdem muss sie so tun, als wolle sie ernsthaft ihr Ziel erreichen.

   Die Bundesregierung zum Beispiel stellt für 2015 sogar in Aussicht, einen klitzekleinen Überschuss zu erwirtschaften. Von einer "schwarzen Null" ist die Rede, was in der Wirtschaftssprache ein leichter Gewinn wäre - im Unterschied zu einer "roten Null", wo unterm Strich auch was fehlen kann. Im Politikerdeutsch kann eine schwarze Null allerdings auch bedeuten, dass ein schwarzer Politiker dahinter steckt, im konkreten Fall Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).



   Wer jahrzehntelang über seine Verhältnisse gelebt hat, müsste eigentlich erst einmal die Ausgaben kürzen. Das wäre die solide, schottische Variante. Die Bundesregierung aber ist einfach über ihren Schotten gesprungen und hat die Nullverschuldung mit Hilfe von weiteren Steuermehreinnahmen erreicht, die noch gar nicht da sind, mit denen aber fest gerechnet wird. Grob gesagt, müssen die Einnahmen in den nächsten vier Jahren um rund 10 Prozent steigen. Anders lässt sich laut Schäubles Finanzplanung die Null nicht halten. Dieses Geld muss natürlich vom Steuerzahler kommen. Anders gesagt, wir sind die Null.

   Die Null ist auf jeder poltitischen Ebene ein Thema. Bund und Länder trauen sich aber in der Regel nicht zu, dem Volk zu sagen, dass man dafür auch sparen muss. Deshalb muss die Nullverschuldung herbeigeredet werden - durch viel Schwatzen und durch das Einrechnen von ewig steigender Steuereinnahmen. Zu diesem Zweck treffen sich die Fachleute zweimal im Jahr zu Steuerschwätzungen.



   Aber nun Schluss mit der Schwatzmalerei. Deutschland geht zumindest in einen ausgeglichenen Gemütszustand in die parlamentarische Sommerpause. Bis in den September hinein wird die Politik null tun, was gut für den Finanzminister ist. Denn was auch immer die Grosse Koalition bislang getan hat, es kostete Geld.

   Nullverschuldung darf nicht mit null Schulden verwechselt werden. Deutschland steht weiterhin mit rund 1300 Milliarden Euro in der Kreide. Jeder zehnte Euro fliesst in den Schuldendienst. Aber das sagen wir dem Griechen nicht, der soll sich lieber mal ein Beispiel an uns nehmen. Ökonomen sprechen von einem wichtigen Signal an die Pleite-Staaten in der Euro-Zone. Die aber haben leider nicht das Glück stark steigender Steuereinnahmen, die müssten richtig sparen. Von nix kommt null - das funktioniert nur in Deutschland.

 

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