Wie bekämpft man Stress?
So jedenfalls nicht: Die stellvertrendete Fraktionsvorsitzende
der SPD im Bundestag, Carola Reimann, hat letzte Woche ein Anti-Stress-Gesetz
gefordert. Arbeitsnehmer hätten dann ein Anrecht darauf, zu
bestimmten Zeiten für ihren Chef nicht erreichbar zu sein. Keine
Anrufe nach Feierabend, keine E-Mails im Urlaub. Das Nähere
sollen die Arbeitsgeber regeln.
Grundsätzlich
ein tolles Anliegen. Es gibt aber auch Zweifel, ob Frau Reimann
die Richtige ist, uns alle in eine stressfreie Welt zu führen.
Zum einen ist gerade parlamentarische Sommerpause. Warum entspannt
sich die Dame da nicht im Urlaub? Kampf gegen den Stress heisst
doch ein Vorbild dagegen zu sein.
Und
dann noch dieser Zeitdruck. Das Gesetz soll in jedem Fall noch
in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden, fordert
Frau Reimann. Das sind gerade mal noch drei Jahre! Da steigt
der Blutdruck, da glühen die Ohren, da kriegt man Pickel, und
der Magen rebelliert. So verursacht man Stress.
Frau
Reimann sollte sich ein Bespiel nehmen an ihrer Parteifreundin
Andrea Nahles. Die ist Bundesministerin für Arbeit und wäre
damit zuständig um ein Anti-Stress-Gesetz auf den Markt zu bringen.
Frau Nahles war vergangene Woche zu dem Thema nicht zu sprechen,
eben weil sie im Urlaub ist. Und was eine Sprecherin von Frau
Nahles in deren Namen sagte, weckt ebenfalls die Hoffnung, dass
das Thema Stress-Bekämpfung im Arbeitsministerium bestens aufgehoben
ist. Man wolle über die Forderung nach einem Anti-Stress-Gesetz
entscheiden, sobald ausreichend Inrformationen über Stress-Ursachen
und deren Wechselwirkungen vorlägen, erklärte die Sprecherin.
Derzeit werde der Wissensstand systematisch aufgearbeitet, "um
im Dialog mit Wissenschaft und Praxis zu konkreten Handlungsempfehlungen
zu kommen". Kurzum, Frau Nahles lässt allen, die die wegen
Stress gerade Stress machen, ausrichten: Bloss keine Hektik.
Nahles
sollte sich in der Tat Zeit lassen, denn das Thema ist komplex.
Stress entsteht ja nicht nur, sondern auch, wenn das Zuhause
im Geschäft anruft. Die Frau fragt, ob man pünktlich nach Hause
komme und unterwegs noch etwas einkaufen könne. Der Sohn will
wissen, wo man das Killerspiel versteckt hat, das er auf seiner
Playstation spielen will - eine besonders häufige Anfrage in
Ferienzeiten.
Vielleicht sollte Frau
Nahles erst einmal ein paar Broschüren auflegen, denn in Sachen
Stress braucht es einen Bewusstseinswandel. Stress gilt hierzulande
als Statussymbol. Wer nicht jeden Abend sagt, dass er den ganzen
Tag im Stress gewesen sei, der gilt als wertloses Mitglied dieser
Gesellschaft. Es gibt Leute, die lieben Stress, die brauchen
Stress. Und die stressen damit alle anderen.
Dagegen
hilft, das sollte in die Broschüre dringend rein, Gartenarbeit.
Beim Rasenmähen kann man gut entspannen, man könnte von Mähdidation
sprechen. Und wenn der Motor laut heult, dann hört man auch
nicht, wenn der Chef anruft.
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