Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (02. November 2014)
 
Gemurmel aus dem Eis
 

   War was? Mal überlegen. Genau. Ebola, IS, Hooligans, Putin. Das übliche Programm auf allen Kanälen. Und der erste Frost. Zu allem Übel wurden der Welt auch noch die Bilder von Robbie Williams im Kreisssaal zugemutet, die die Sinnhaftigkeit menschlicher Reproduktion infrage stellen. Es war wieder eine dieser fiesen Wochen, in der ein sensibler, mittelalter Mann mit Rotweinflecken auf der Seele leicht zerbrechen kann.



   Normalerweise hilft gegen solche Stresstests nur eine solide Eigenkapitalquote oder ein opulentes Schaumbad mit ätherischen Ölen und Rosenknospen, welches der kürzlich gewaxten Haut schmeichelt. Denn was ist schöner, als hernach im flauschiigen Frotteemantel mit einem Eimer Eiscreme auf dem Sofa einzukuscheln? Bei Duftkerzenlicht (Vanille) jenen Rumba-Songs voller Glückskeksbotschaften mit Tiefgang zu lauschen, die der in Altenheimen im Raum Bremen sehr beliebte Feierabend-Troubadour, Dosenbier-Barry White und Extremmoderator Reinhold Beckmann auf seiner aktuellen Tournee säuselt?

   Dann steht man vor der Designtiefkühltruhe und hält in den schrumpeligen Patschehändchen statt der Eiscrem-Bombe plötzlich eine Familienpackung Rotkohl (abgelaufen) sowie eine Batterie eingefrorener Eizellen ("haltbar bis Nov. 3014"), von wem auch immer.

   So etwas kann passieren, wenn in den Garküchen unserer Dampfplaudererkultur Karriereleitern, Kinderwünsche und Kalorieneimer kolossal kollidieren. Alle reden vom Social Freezing, ständig hört man irgendwo das brutale Ticktack einer bilogischen Uhr, die imi Schnitt lauter ist als ein deutscher Qualitätslaubbläser mit integriertem Kleintierhäcksler.

   Social Freezing ist eines dieser angejauchten und verplasbergten Themen, die man ethisch, dschihadistisch, gar nicht oder auch katholisch diskutieren kann, letzteres am besten ohne Beteiligung von Akademikerinnen Mitte dreissig. Das Schlimmste ist, dass sich kaum jemand der schrecklichen Konsequenzen bewusst ist, die das Auftauen uralter, fauler Eier nach sich ziehen kann. Zum Beispiel Andrea Nahles' neuester Gesetzentwurf zur Einschränkung des Streikrechts (aus dem 19. Jahrhundert), der mächtig zum Gewerkschaftshimmel stinkt.



   Oder Horst Seehofer. Seine gefrorene Eizelle stammte ursprünglich aus der letzten bayrischen Eiszeit, die 17000 Jahre vor Schuhbecks Geburt zu Ende ging. Damals herrschten um Münchens Platzl herum barbarische Zustände. Einer herrschte, die anderen beteten. Auf den Autobahnen wurden Touristen und kinderlose Karrierefrauen mit Knüppelvignetten zur Kasse gebeten. Seehofers Drohung, bei den kommenden zehn Landtagswahlen kanditieren zu wollen, notfalls auch als schockgefrosteter CSU-Greis, atmet den Geist tiefgekühlter Zeiten. Das macht selbst den Bayern Angst.

   Die meisten Menschen wollen keinen Kalten Krieg zwischen der Nato und Russland, keine Eiszeit zwischen Zeugung und Geburt. SIe wollen nur eines: Ein warmes Schaumbad, Dosenbier und ein bisschen Beckmann.

 

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