Sparen ist keine Tugend
mehr, das muss der Deutsche endlich begreifen. Die Commerzbank
hat vergangene Woche als erste Grossbank Grossanlegern Strafzinsen
angedroht. Wer meint, er könne Millionen bei der Commerzbank
parken, soll künftig ein Knöllchen bekommen. Die Bank will unser
Geld nicht mehr, sie hat genug davon. Sie hat sogar so viel
Geld, dass sie nicht mehr weiss, wohin damit.
Warum
das so ist, das ist eine lange Geschichte. Es hat damit zu tun,
dass fast alle europäischen Staaten seit langem über ihre Verhältnisse
leben, dass einige Banken wegen Fehlspekulationen in der Klemme
sind und dass die Europäische Zentralbank deshalb beschlossen
hat, die Märkte mit Geld zu fluten, indem sie das Geld so billig
wie möglich macht.

Es
ist nämlich so: Der Mensch will höchst ungern kürzertreten,
den Gürtel enger schnallen. Deshalb sind schmerzhafte Einschnitte,
die eigentlich notwendig wären, politisch nicht durchsetzbar.
In so einem Fall bleibt einem nichts anderes übrig, als sich
mit der Situation anzufreuden. Man sagt: Och, eigentlich sind
diese Schulden, die wir haben, gar nicht so schlimm. Wenn ich
es mir so recht überlege, sind sie sogar gut, super, spitze,
das einzig Wahre. Wie konnte ich früher bloss ohne diese Schulden
leben?
Diese Selbsttäuschung funktioniert
natürlich nur, wenn möglichst viele daran glauben. Deshalb hören
wir letzte Zeit so viel von Sparwahn, Spardiktat und Kaputtsparen.
Das Sparen muss so lange diskreditiert werden, bis alle überzeugt
sind: Schulden sind das neue Sparen.
Man
kann sehr gut mit Schulden leben, sogar mit noch immer mehr
Schulden. Man muss sich das nur oft genug sagen, dann haben
Raum und Zeit keine Bedeutung mehr, dann überwindet man die
Naturgesetze und das kleine Einmaleins. Das ist wie mit den
Leuten, die barfuss über glühende Kohlen gehen können. Alles
nur eine Frage des Willens.

Schützenhilfe
kommt aus der Wissenschaft. Ein Ökonom aus Oxford hat diese
Tage vorgeschlagen, zur Ankurbelung der Wirtschaft jedem EU-Bürger
500 Euro zu geben. Die hauen wir dann auf den Kopf, und schon
sind die Kopfschmerzen weg. Im Fachjargon nennt man das Helikoptergeld,
weil man das Geld genauso mit einem Helikopter abwerfen könnte.
Wenn das Ganze nich klappt, nennt man das Rohrkrepierer.
Geld,
das vom Himmel fällt - am liebsten glauben unsere Politiker
an diesen Traum, denn sie tragen für die Schulden ja die Verantwortung.
In den Parlamenten gibt es längst eine Märheit, die jeden eingenommenen
Euro dreimal wieder ausgibt. Noch bekennt man sich nicht offensiv
zum Schuldenmachen, aber das wird sich ändern. Dann wird die
schwäbische Hausfrau, mit der Kanzlerin Merkel lange Zeit als
Vorbild hausieren ging, durch die rheinische Frohnatur ersetzt.
DIe kauft auf der Kö mit der Kreditkarte ihres Mannes ein, bis
der Überziehungsrahmen ausgeschöpft ist.
Nur
gut, dass wir nicht auch noch den Kindern ihre Sparschweine
wegnehmen müssen. DIe haben wir ja Gott sei dank längst geschlachtet.
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