Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (25. Januar 2015)
 
Wir hätten gern Brüste geschrieben
 

   Anfang der Woche, es war ein wolkenverhangener Dienstag, ging plötzlich die Sonne auf. Die britische "The Times" hatte gemeldet, dasa Boulevard-Blatt "The Sun" werde künftig auf der dritten Seite keine blanken Brüste mehr zeigen. Frauenverbände jubelten ob des Sieges der guten Sache, auch Teile unserer Redaktion waren ganz aus dem Häuschen, wenn auch aus anderen Gründen.

   Dann, am Donnerstag, der Tiefschlag. "The Sun" strafte die Ankündigung der im selben Verlag erscheinenden Schwesterzeitung "The Times" Lügen, indem das Revolverblatt auf der dritten Seite wieder nackte Tatsachen zeigte. Womöglich war alles nur ein billiger PR-Coup, um das Augenmerk der Männerwelt auf die leicht geschürzten Damen zu richten - und beiläufig daran zu erinnern, welche Boxenluder-Karrieren auf der dritten Seite der "The Sun" ihren Anfang genommen hatten. Depression bei den Frauen-Verbänden. Teile unserer Redaktion waren am Boden.



   Zu erwähnen wäre, dass es sich um männliche Teile handelte. Genau genommen ging es um einen mit dieser Kolumne betrauten Kollegen. Der glaubte, mit der Abschaffung der Seite-drei-Girls in der "The Sun" sei seine Sternstunde gekommen, was Sie jetzt bitte nicht in den falschen Hals bekommen mögen. Der Kollege wollte nicht blankziehen. Sein Plan war folgender:

   Egal wie man zu den Seite-drei-Mädchen von "The Sun" steht. Mit dem Einstellen der Busenfotos würde eine Lücke in der Presselandschaft entstehen - und die sollte von dieser, unserer feinen Kolumne geschlossen werden. Und zwar genau an dieser Stelle.

   Als kunstsinniger Mensch, als der sich der Kollege versteht, hatte er nicht vor, den Kolumnentext durch ein profanes Bild zu ersetzen. DIe Idee war, Ihnen die Nacktfotos nach guter altmeisterlicher Manier in einer Art Bildbeschreibung näherzubringen. Wir hätten versucht, in sinnlichen Worten die zentrale Figur des Fotos herauszuarbeiten, beginnend mit dem Wichtigsten (dem Körper), aber auch das Unwichtige (die Landschaft) nicht vernachlässigend. Selbstverständlich hätten wir auch den ästhetischen Gesamteindruck des Bildes gewürdigt, und Sie hätten erfahren, ob eher ein Chirurg oder mehr ein Photoshop-Artist zum Gelingen des Gesamtkunstwerks einen Beitrag geleistet hatte.



   Der Clou aber wäre der gewesen: Da wir auch die darbenden Inselbewohner in Grossbritannien mit unserenm Seit-zwei-Girl erfreuen wollten, hätte dies zwangsläufig eine englischsprachige Ausgabe nach sich gezogen. Bei entsprechendem Erfolg hätten wir auch vor anderen Weltsprachen nicht zurückgeschreckt.

   Lediglich der Titel dieser Kolumne hätte leicht geändert werden müssen, um dem Inhalt Rechnung zu tragen. Bedenkt man, welche Busenfreundinnen "The Sun" in all den Jahren ins Licht gerückt hat, hätte sich "Dinger der Woche" geradezu aufgedrängt. Aber daraus wird ja nun leider nichts.

 

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