Es muss irgendein uralter
Chinese gewesen sein, der sagte, die l�ngste Reise beginnt mit
einem kleinen Schritt. Was der Chinese halt so sagt, wenn er
in der Welt herumdenkt. Dieser Chinese ist aber nie in den Urlaub
gefahren, sondern blieb kontemplativ zu Hause. Sonst h�tte er
sich diesen Satz dreimal �berlegt. Die Deutschen aber - an sich
kein Volk der kleinen Schritte - lassen sich das Diktum fern�stlicher
Philosophie nicht zweimal sagen und fahren millionenfach in
den Urlaub. In tagelangen Staus auf Autobahnen finden sie nicht
nur zu sich selbst, sondern auch neue Freunde. Sie lesen im
stehenden, hitzeglosenden Auto B�cher, die sie l�ngst lesen
wollten, und sinnieren beim Blick in den abgasdurchtr�nkten
Himmel �ber die Unendlichkeit des Universums nach, wor�ber sie
einschlafen und erst in der Nacht durch die Hupe des Hintermanns
zum Weiterfahren gen�tigt werden.

Die
Urlaubsreise ist f�r die emotionale Balance des Kontinents von
entscheidener Bedeutung. Sie zeigt die Ewigkeit des Universums.
Die Berge haben sich seit dem letzten Jahr keinen Millimeter
bewegt und das Meer liegt immer noch wie ein St�ck Blei in der
Sonne. Dennoch bekommen viele Deutsche beim Gedanken an den
Urlaub Herzrasen. Das zu verhindern ist Sache der Vorbereitung.
Packen sollte man fr�hestens eine Stunde vor der Abreise, um
wochenlangen Stress zu vermeiden. Man schreit sich dabei ritualhaft
an und sucht nach verlorenen P�ssen, Pl�schtieren und Badelatschen.
Generell gilt: Das Auto ist nie so voll, dass nicht noch ein
Gummitier oder eine K�hltasche hineinpasst. Das Volumen eines
Mittelklasse-Kombis l�sst sich durch methodisches Quetschen
um rund ein F�nftel erh�hen, weil sich die Aussenhaut biegt.
Die Fahrt wird zu einem Vergn�gen, wenn drei H�rb�cher und die
"Bravo Hits Vol. 23" gleichzeitig laufen und so die
Anweisungen des Navigationsger�t zur Unh�rbarkeit degradieren.
W�hrend der Fahrt sind Pausen wichtig, auf denen beliebte Spiele
wie Baby-Verstecken gespielt werden, was nicht selten mit einem
spannenden Polizeieinsatz endet. Wenn es dann wieder rollt,
d�rfen �berholte holl�ndische Camping-Gespanne mit abf�lligen
Gesten bedacht werden.

Und
dann - keine 45 Stunden nach dem chinesischen ersten Schritt
- kann der Kombi entladen werden. Man zerrt das Zuunterste zuerst
heraus, wodurch viel Gep�ck so besch�digt wird, dass man es
nicht mehr mit nach Hause nehmen muss. Wer nun glaubt, er k�nne
r�cksichtslos entspannen, sollte es nicht �bertreiben. Schlechte
Laune, Schlaflosigkeit oder akribisches N�rgeln �ber Nichtigkeiten
sind auch im Urlaub f�r den seelischen Ausgleich wichtig. Familientyrannen
sollten sich auch nach �berschreiten der Landesgrenze charakterlich
nicht bis zur Unkenntlichkeit verbiegen. Zwischen dem Moment
des ersten Wutanfalls und der Vorbereitung f�r die R�ckreise
liegen in der Regel kaum mehr als drei Wochen. Die vergehen
wie im Flug und m�ssen hier nicht gesondert behandelt werden.
Danach ist alles wieder wie vorher.
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