Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (13. Dezember 2015)
 
Herr Schmidt rettet das Fernsehen
 

   Nicht nur die Zeitung, auch das gute alte Fernsehen hat es nicht leicht. Früher ein wärmendes Lagerfeuer, um das sich sonnabendabends die Familie in trauter Einigkeit versammelte. Heute ein Nebenbeimedium, vom Alleskönner Internet zum Schattendasein verdammt.

   Wenn es in diesen Tagen hinter deutschen Gardinen flimmert, dann sind es LED-illuminierte Adventskränze vom Aldi. Die Glotze hat in der Ich-schau-wann-und-was-ich-will-Ära ihre Strahlkraft verloren. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis der letzte TV-Bildschirm erlischt.



   Seit Dienstag dieser Woche aber ist alles anders. Ein Stern der Hoffnung erschien am Firmament über einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt. Das heisst, eigentlich betrat der Stern der Hoffnung den Studiosaal des SWR-Funkhauses in der Stuttgarter Wilhelm-Camerer-Strasse. Ein grosser, schlanker, grauhaariger Anzugträger war es, zu dessen Verdiensten es gehört, dass er einen Allerweltsnamen zu Ruhm verhalf: Harald Schmidt.

   Das war die TV-Sensation des Tages, wenn nicht gar der Woche! Harald Schmidt soll einen neuen, in Freiburg beheimateten SWR-"Tatort"-Team als Kriminaloberrat zur Seite stehen. EIne Nebenrolle zwar, aber wenn Schmidt auf der Bildfläche auftaucht, geraten die Hauptdarsteller zu Randfiguren. Wir werden die Namen dieser Hauptdarsteller bei Gelegenheit nachliefern.

   Er werde einen "heterosexuellen, katholischen Familienvater" verkörpern, sagte Schmidt. Unsere Gesellschaft sei reif, sich "ein derart radikales Lebenskonzept auch am Samstagabend anzuschauen".

   Drängt sich die Frage auf, was den TV-Frührentner Schmidt (58) wirklich bewogen haben mag, eine Auszeit vom Ruhestand zu nehmen. Ist es ein gebührenfinanzierter Milliardenvertrag, bei dem der Entertainer a.D. nicht Nein sagen konnte? Wie ein von unseren Reportern angeführter und von nordkoreanischen Bloggern unterstützter Rechnerverbund herausbekommen haben will, erwirbt Harald Schmidt mit der Rolle die Pensionsansprüche eines Kriminaloberrats. Ausserdem soll ihm auf Lebenszeit eine Blaulichteskorte aus Baden-Württemberg zur Verfügung stehen.



   Mit Harald Schmidt, so unsere Rechercheure weiter, zieht Stil ins sonst ärmliche "Tatort"-Set ein. Das Catering während der Dreharbeiten besorgt Harald Wohlfahrts dreigestirnte Schwarzwaldstube aus Baiersbronn. Die wichtigste Nebenrolle hinter Kriminaloberrat Schmidt gebührt dem Gerichtsmediziner. Sie ist bei einem schauspielerischen Neuling in guten Händen, der mit seinen medizinischen Fachkenntnissen die Konkurrenz beim Casting ausstach. Der bekannte Schönheitschirurg Werner Mang, in Fachkreisen auch als Nasenpapst vom Bodensee bekannt, ist ein Garant dafür, dass die Zuschauer nur schöne Leichen zu Gesicht bekommen.

   Sie sehen, zumindestens die Zukunft des Fernsehens sieht, Harald Schmidt sei Dank, blendend aus.

 

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