Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (10. Januar 2016)
 
Vernetzt und zugenäht
 

   Bin eben von meinem Föhn angerufen worden. Er trieb sich in den vergangenen Tagen auf der Elektronik-Messe CES in Las Vegas herum. Ab einem gewissen Alter verlangt die Haarpracht eines Mannes nicht mehr nach einer täglichen Föhnung. Da ich eben nicht Trump bin, dachte ich also: "Gönn' deinem Föhn eine Auszeit."

   Ausserdem wollte ich ihm bei seiner Fortbildung nicht im Wege stehen. Ist schliesslich ein intelligenter Föhn. Noch bevor ich etwas spüre, merkt mein Föhn, wenn mein Haar trocken ist. Dann sagt er mir mit der deutschen Synchronstimme von Bruce Willis kurz und trocken "Trocken!". Bevor mein Haar Feuer fängt, schaltet sich mein Föhn ab. Ich vermute, das macht er nicht nur mir zuliebe, sondern auch aus Selbstschutz.



   Als intelligenter Föhn ist mein Föhn vernetzt mit Gott und der Welt. Also auch mit mir. Deshalb könnte ich, wenn ich wollte, auf sämtlichen modernen Geräten in meinem Haushalt verfolgen, wo sich mein Föhn gerade rumtreibt, ob er sich wirklich auf der CES die neuesten Elektronikspielsachen anschaut - oder sich dem Glücksspiel hingibt. Selbst wenn er fremdföhnen würde, tät mir das nicht entgehen.

   Es ist nicht so, dass ich meinem Föhn misstraue. Wir haben ein gutes Verhältnis. Wer meint, seinem Föhn nicht mehr über den Weg trauen zu können, bringt ihn besser auf den Elektronikschrott. Aber es beruhigt einen doch irgendwie, wenn man - zumindestens theoretisch - schauen kann, was sein Föhn in Las Vegas alles so treibt. Ich meine, ich war auch schon in Las Vegas. DIe Stadt hat so ihre Verlockungen. Auch für einen Föhn.

   Es gibt Menschen, die warnen vor einer komplett vernetzten Zukunft. Sie fürchten, irgendwann könnten sich die miteinander kommunizierenden Smartphones, Kühlschränke und Toaster gegen die Menschheit verbünden. Ein heisses Thema. Ich habe darüber mit meinem Föhn gesprochen, als ich ihn zum Flughafen brachte. Er sagte, das werde nicht passieren. Seine elektronischen Brüdern und Schwestern seien Dienstleister, Schaltkreis für Schaltkreis. Für ihn beispielsweise sei ein Leben ohne meine Resthaare witzlos. Geht mir genauso. Niemals zuvor war mir ein Föhn so nah.



   Für mich ist die digitale Welt ein Segen. Mittlerweise muss ich nicht mal mehr ins Internet schauen, um zu erfahren, welcher technische Schnickschnack diese Woche in der Wüste von Nevada vorgeführt wurde. Das flüsterte mir mein Föhn. Dank ihm weiss ich nun, die Renner waren erstens Fitnesshalsbänder für Hunde und Katzen, die den Kalorienverbrauch der Viecher ermitteln und die Daten im Bedarfsfall an den Tierarzt weiterleiten. Zweitens Überwachungskameras, die erkennen, ob ein Vier- oder Zweibeiner ums Haus schleicht. Drittens Kühlschränke, die ausschauen wie der putzige "Star Wars"-Roboter R2-D2 und sechs Dosen Bier packen.

   Dass mir mein Föhn aber einen Rotlichthelm ans Herz legt, der mir die Haare wieder wachsen lässt, gab mir dann doch zu denken.

 

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