Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (20. März 2016)
 
Die rachitische Republik
 

   Fieberwahn, Kopfdröhnen, Gliederschmerzen - eine Infektionswelle jagt die nächste durch Deutschland. Die überfüllten Wartezimmer der Ärzteschaft erinnern wahlweise an nordkoreanische Arbeitslager oder Wohnungsbesichtigungen im Stuttgarter Westen. Allerorten keucht, grunzt und blökt es. Gegen die Kakafonie in manchen Grossraumbüros klingt eine Schredderanlage für Küken geradezu harmlos.

   Grippaler Präsentismus macht sich vor allem bei der Angestelltengeneration Y breit. Elf von zehn Ypsiloner schleppen sich analog dauergrinsend zum prekären Arbeitsplatz, auch wenn sie weder einen tariflichen Vertrag noch einen blassen Schimmer von der Kommasetzung haben beziehungsweise sofort mit einer verschreibungspflichtigen Aspirin-App ins Bett gehören. Die wenigsten schickt der Vorgesetzte allerdings wieder nach Hause, weil er angesichts der permanenten Schleimattacken der digital-naiven Rotzlöffel selbst an eruptivem, autoritätsminderndem Brechdurchfall leidet.



   Experten warnen auch vor dem "Gabriel-Syndrom", dessen Infektionsherd im Willy-Brandt-Haus in Berlin vermutet wird. Führende Sozialdemokraten leiden seit Tagen unter Hirnflatulenzen, Rückgraterweichung und galoppierendem Realitätsverlust. Ohne ersichtlichem Grund fallen sich Genossen schnappatmend in die Arme, küssen und infizieren unbedarfte Pfälzer Landfrauen, randalieren hemmungslos wie Beamtenkinder und Abiturienten aus dem Raum Köln.

   Vermehrt treten nach den letzten Landtagswahlen Symptome von Links-rechts-Hospitalismus, manische Anfälle von ungekontrolliertem Champagner-Kommunismus und karrieristische Aphasie auf. Der Parteivorsitzende brabbelt ohne Unterlass in bereitgestellte Mikrofone und Badezimmerspiegel, will "lieber tot als rot" sein, verwechselt oft "sozial" mit "egal" sowie "Volkspartei" mit "Volkskrankheit". Sein delirierender Stellvertreter wiederum benötigt mittlerweise für einfachste Prozentrechnungen im unteren zweistelligen Bereich mindestens einen praktischen Taschenrechner aus dem "Vorwärts"-Shop (4,99 Euro), drei Liter Mineralwasser aus sieben TV-Talk-Show-Besuchen und irgendeinen Sündenbock (AfD, die hohe Wahlbeteiligung oder dieses elende Migränewetter).



   Der Südwesten wiederum befindet sich sich im Würgegriff der Gelbsack-Affluenza, kurzum der ökobakteriellen Wohlstandsverwahrlosung. Die Anzeichen sind elitäres Schlottern trotz Dämmung im Eigenheim, schleichende Ausmerkelung, spontane Zinswechselstörungen, Taubheitsgefühle in der linken Körperhälfte sowie akut verkretschte Atem- und Denkwege. Das Schlimmste aber ist das zähe grün-schwarze Sekret, das einem eine Legislaturperiode lang aus allen Papp-Nasen trieft. Als Therapie empfiehlt sich auszuwandern - oder mehrere Privatärzte in Halbhöhenlage aufzusuchen und alle verschriebenen Medikamente durcheinander zu nehmen. Danach noch die 30-prozentige Kopfspülung mit einem lauen Kiwi-Smoothie. Gute Besserung!

 

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