Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (07. August 2016)
 
Stolz und Vorurteil
 

   Es war wieder eine dieser Wochen, in denen man sich an den nichtigen Dingen hochziehen musste. Nach einem Blick in den Spiegel richtete man sich am Beispiel einer jungen Frau auf, die in der "Brigitte" davon berichtete, wie stolz sie auf ihren postnatalen Körper und auf ihre Dehnungsstreifen sei. Ein Trost.

   Wer dazu noch in seinen Schwangerschaftsstreifen Pfoten leckende Riesenratten, niedliche Welpen oder supersexy Gesichter erkennt (von Thomas Bach oder Volker Bouffier) und diese postet, ist automatisch ein Star auf Instagram oder auch nicht. Nur Vorsicht vor dem Selfie-Ellenbogen, einer Volkskrankheit, tückischer als das Zika-Virus, das Pokémon-Hirngedöns oder RTL!



   Trotzdem oder genau deswegen: Dieses emotionale Katzengold allerorten lässt hoffen. Früher musste man etwas leisten, war man in diesem Land stolz auf seine Autobahnen, das Maggi-Kochstudio und die Nationalmannschaft. Heute ist man schon ergriffen, wenn die eigene Zahnpasta ein Fachabitur hat und beim aktuellen Creme-Vergleich von "Öko-Test" auf dem vorletzten Platz landet.

   Für alle, die sich ohne Dehnungsstreifen und Karies noch aus dem Haus trauen, ist der Wertewandel eine famose Nachricht. Nicht nur die Schönheit, auch die Sicherheit kommt wieder von innen. Tübingens grüner Oberbürgermeister liess verlauten, er sei stolz auf seinen syrischen Bademeister, der im Freibad notfalls auf Arabisch für Zucht und Ordnung sorge. Künftig kann man in Tübingen Frauen nur noch auf Burmesisch und in Pfälzer Mundart verbal antanzen.

   Des Arabischen mächtige Bademeister mit Abitur und Dehnungsstreifen, deren Faltenwurf an René Wellers Gesicht auf RTL erinnert, haben übrigens beste Aufstiegschancen in der Leistungsgesellschaft im Allgemeinen und der SPD im Besonderen. Bei der SPD kann es jeder schaffen, sogar Petra Hinz aus Essen. Viele Mitglieder empfinden ja schon Stolz beim Anblick der bebelroten, mehrsprachigen Multifunktionsjacke von Sigmar Gabriel, die so gross ist, dass ein leicht geschrumpfter SPD-Unterbezirk aus dem Ruhrgebiet komplett darunter passt.



   Apropos Nationalmannschaft. Bastian Schweinsteiger steht bei Manchester United vor dem Abschied. Ausgerechnet an seinem Geburtstag musste der Ex-Nationalspieler seinen Spind bei den Profis räumen. Viele sprechen nun von einer Demütigung und fordern die Einbestellung des türkischen Botschafters.

 

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