Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (01. Januar 2017)
 
Schrot-und-Korn-Getöse
 

   Die Woche erfüllte ein tosendes Rascheln, ein Schweratmen, Wühlen und Kratzen die Atmosphäre. Es drang aus den Geschenkpapierbergen und mischte sich mit dem Schluchzen jener Menschen, die das ersehnte Smartphone in der falschen Farbe unter dem Gabentisch fanden oder den SUV beim Auspacken mit der Schere verkratzten. In den bleichen Morgen nach Heiligabend zogen Karawanen zu den berstenden Altpapiercontainern. Das Papier wurde gesammelt und Bedürftigen zugeführt, beispielsweise in Griechenland, wo damit die Wohnzimmer beheizt oder staatliche Schuldscheine gedruckt wurden. Auf einigen Dokumenten finden sich noch Kritzeleien "... lieber Schatz ... ganz doll ... wie jedes Jahr ... Socken ... hoffe, es gefällt ... wenn nicht ... Umtausch ... Bussi."



   Weihnachten wurde also mit der grösstmöglichen Routine begangen, was in diesen unruhigen Zeiten kein Fehler ist. Emotional beladen war das Fest dennoch. Diejenigen, die noch mit Popmusik gross geworden sind, als sie nicht aus dem Netz gesaugt, sondern mit Erspartem gekauft und als Tonträger nach Hause getragen wurde, zitterten sich jeden Morgen in den Tag und stellten die bange Frage, wer als Nächster die irdische Bühne verliesse.

   In einer ersten Bilanz zeigten sich Politiker und Kirchen dennoch zufrieden. Blindwütiger Konsum habe das Bruttosozialprodukt um mehrere Hundert Billionen Euro gesteigert. Der grimmige Finanzminister kündigte an, die Überschüsse sollten an die Verbraucher wieder ausgeschüttet werden. Er warnte aber vor Euphorie - schliesslich würden die meisten Weihnachtsgeschenke erst im März kaputtgehen, was danach eine neue Konsumwelle auslöse. Bis dahin seien Stützungskäufe der EZB für den post-weihnachtlich geschundenen Einzelhandel nötig. Dazu gehört eine Nord-Süd-Trasse für Carrera-Autos, die allerdings auf Drängen Bayerns bis Oberfranken unterirdisch verlegt wird.



   Ansonsten traf man die Vorbereitungen für den Übergang ins neue Jahr. Die Kirche folgte dabei der alten Losung "Bort für Böller" und verteilte ihr ungesäuertes Silvesterbrot mit Fernzündung, das ein minutenlanges gleissendes Weizenflimmern zeigt, begleitet von Schrot-und-Korn-Getöse und einem Bukett aus mildtätigem Glitzerteig. Die Deutschen werden also wieder in einer pragmatischen Mischung aus Zuversicht, Melancholie und Trotz ins neue Jahr stolpern und sich weder von Salafisten noch von Abteilungsleitern, Pisa-Studien und Kreisverkehren aus der Ruhe bringen lassen. Sie werden das Jahr 2017 auspacken, es kritisch mustern und in die Zimmerecke stellen. Bis März kann man es noch umtauschen - indes: Man weiss nie, was man als Ersatz bekommt.

 

Zurück