Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (12. März 2017)
 
Du must einer Suppe in die Augen sehen
 

   Heute mal konstruktiver Journalismus, das ist in meinem Beruf ja gerade der letzte Schrei. In diesem Text wird die Lebensmittelverschwendung in Privathaushalten problematisiert. Zugleich werden aber auch Wege aufgezeigt, wie dieser Verschwendung begegnet werden kann. Das ist dann der konstruktive Teil.

   Aktueller Anlass für diesen Text ist ein Vorstoss Nordrhein-Westfalens. Das Land fordert vom Bund ein bundesweites Vorgehen gegen Lebensmittelverluste. Am Freitag wurde der Vorstoss in den Bundesrat eingebracht.

   Laut dem Vorstoss gibt es zwar jede Menge Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung, aber kein Konzept aus einem Guss. Spötter haben schon vorgeschlagen, Tortengrafiken und Spaghetti-Western zu verbieten. Aber heute spotte ich ja nicht, heute will ich konstruktiv sein.



   Sparsamkeit ist mir als Schwabe in die Wiege gelegt. Gerade zwinge ich meine Familie, ein knochentrockenes Stück Seife aufzubrauchen, das ich irgendwo entdeckt habe. Die Seife ist von jeder Lebenskraft verlassen, die schäumt nicht mal mehr. Aber wir reichen dieser Seife trotzdem die Hand.

   In meiner Familie gilt der Grundsatz, dass erst einmal nichts weggeworfen wird. Was allerdings auch zu Problemen führt. Vor allem auf dem Küchenbalkon stehen im Winter mehrere Töpfe mit Essensresten, deren Herkunft und Alter mir meist unbekannt sind. Regelmässig tänzele ich morgens und abends zwischen den Töpfen hindurch, lupfe die Deckel und versuche zu erahnen, aus welchem Jahr der Essensrest stammt.

   Man kann Essensreste nicht ewig stehen lassen, sonst kommen ja die Ratten, das muss man auch in Nordrhein-Westfalen verstehen. Ich habe es mir daher zur Aufgabe gemacht, Essensreste zu entsorgen. Einer muss es ja machen. Leider passieren mir auch Fehler. Einmal zum Beispiel war für mich klar, dass hier die Müllabfuhr ran muss. Das Essen im Topf war mit einer weissen Schicht überzogen, aus der Knochen herausragten. Es sah nicht schön aus.



   Das Essen wanderte also direkt in den Müll, aber der Topf in die Spülmaschine. Ich war zufrieden mit mir, denn angesichts der vielen Essensreste gehen uns bisweilen auch die Töpfe aus. Dann kam abends meine Frau nach Hause und fragte, wo eigentlich ihre mühsam vorgekochte Suppe sei - nun ja, es wurde kein schöner Abend.

   Ich hätte die Suppe wahrscheinlich erst erwärmen müssen. Dann hätte sich die Fettschicht aufgelöst und es wäre klarer zu erkennen gewesen, worum es sich genau handelt. Hier also mein konstruktiver Rat an alle, die mit Essensreste zu tun haben: Willst du wirklich beurteilen können, ob eine Suppe noch was taugt, dann muss du ihr in die Augen sehen.

 

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