Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (02. Juli 2017)
 
Ehe für alle der Wahlkampf beginnt
 

   Letzte Sitzungswoche vor der Bundestagswahl. Boah, war das spannend! Die SPD wollte noch schnell die sogenannte Ehe für alle durchsetzen, ehe für alle der Wahlkampf auch offizell beginnt. CDU und CSU stellten es ihren Abgeordneten frei, dazu ja zu sagen oder auch nicht. Das Ergebnis lag bei Redaktionsschluss dieses Textes noch nicht vor.

   Eine klare Mehrheit galt vor der Abstimmung allerdings als sicher, auch weil die Sache so einen wunderbaren Namen hat: Ehe für alle - das klingt so gerecht, so grossmütig, so fortschrittlich. Einzig eingefleischte Junggesellen dürften kurz zusammengezuckt sein. Schreibt der Staat jetzt womöglich auch noch allen eine Heirat vor, um Eheprobleme gerecht zu verteilen und die Geburtenrate zu erhöhen? Man weiss ja nie.



   Tatsächlich wird die Ehe nun auch für lesbische und schwule Paare geöffnet. Die konnten sich bislang nur verpartnern, was allein schon aus sprachlicher Sicht nur eine Zwischenlösung sein konnte. Denn verpartnern - das knarzt beim Sprechen und kratzt im Hals.

   Hei, hei, heiraten klingt da doch viel verheissungsvoller, ja fast schon euphorisch, und wer will am Tag der Hochzeit schon wissen, dass danach oft die Zischlaute zunehmen und das Ganze dann nicht selten entsprechend endet, und zwar mit einer Sch... Sch... Scheidung.

   Die grosse Mehrheit der Deutschen ist jedenfalls für eine Ehe für alle, wie sie überhaupt fast alles liebt, was für alle ist. Der Deutsche ist halt total sozial. Das fing mit Ludwig Erhard an, der als Vater des deutschen Wirtschaftswunder gilt und 1957 als Wirtschaftsminister ein Buch herausbrachte mit dem Titel "Wohlstand für alle". Das Versprechen hat sich weitgehend erfüllt, so dass der Deutsche glaubt, das für-alle-Prinzip liesse sich auf alles anwenden. Inzwischen gibt es unter anderem das Girokonto für alle, bald auch das Abitur für alle - und mit dem Reichtum für alle, den die Linkspartei schon im Wahlkampf 2009 in Aussicht stellte, ist es nach dieser Logik nur noch eine Frage der Zeit.



   Nachdem die Ehe für alle jetzt ein Hit wurde, ist jedenfalls damit zu rechnen, dass der anstehende Wahlkampf mehr denn je ein Wahlkampf für alle wird, in dem die Parteien innerhalb der Zielgruppen allen alles versprechen.

   Seltsam nur, dass dieses erfolgreiche Prinzip in anderen Bereichen, in denen Deustchland einen Hit auch dringend nötig hätte, nicht angewandt wird. Wir könnten zum Beispiel auf diese Art beim Eurovision Song Contest endlich mal wieder auf den vorderen Plätzen landen, anstatt nur ein paar Gnadenpunkte zu bekommen. Es sei daran erinnert, 1985 wurde die deutsche Gruppe Wind stolzer Zweiter mit dem Titel "Für alle".

 

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