Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (24. September 2017)
 
Schronk, Hard, Spele, Üfen
 

   Eigentlich habe ich nur Kinder in die Welt gesetzt, damit sie mir später mal zur Hand gehen, zum Beispiel meine Möbel zusammenbauen. Im Zusammenbauen bin ich nämlich eine Niete, mein handwerkliches Geschick geht gegen Null, ach was, ins Negative! Was ich auch anfasse, mache ich kaputt. Ich kann nicht mal unfallfrei einen Rollator aufklappen, da muss man fürs Alter vorsorgen.



   Mein Mitgefühl gilt daher dem 25-jährigen Familienvater, der Anfang der Woche in Ludwigshafen seine neue Einbauküche kurz und klein geschlagen hat. Tagelang kämpfte er heldenhaft gegen sein eigenes Unvermögen, aber die Einbauküche liess sich einfach nicht einbauen.

   Eigentlich bin ich gegen jede Gewalt, aber so eine Küche muss man bestrafen. Denn wir Menschen mit zwei linken Händen wissen etwas, was die Wissenschaft erst noch herausfinden muss: Die Dinge leben! Sie haben ein Bewusstsein! Und wie jedes Lebewesen haben die Dinge Vorlieben und Launen. Den einen Menschen mögen sie, den anderen nicht. Und wenn sie dich nicht mögen - ich weiss, wovon ich rede - dann lassen sie sich nicht zusammenbauen, sperren sich, gehen kaputt, bevor du sie überhaupt benutzen kannst.

   Hinter deinem Rücken lachen sie dann über dich, der Schrank, der Herd, die Spüle, der Ofen. O ja, ich sehe es vor mir, wie sich die Dinge über den armen Mann lustig gemacht haben, sogar beim Schreiben darüber gerate ich in Rage, kicke die Vokale durch die Gegend und so entsteht eine Überschrift wie über dem Artikel - mein solidarischer Gruss an den Familienvater in Ludwigshafen.



   Noch nie hat eine Carrera-Rennbahn bei mir funktioniert. Ich kriege nicht einmal die Teile in einem Überraschungsei in eine sinnvolle Reihenfolge, geschweige denn die Teile eines Modellbau-Satzes. Ich weiss noch, dass ich mal das Schlachtschiff "Tirpitz" bauen wollte. Ich verstand schon die Fachbegriffe nicht. Kleben Sie das Wie-bitte auf das Hä. Zudem zog der Klebstoff Fäden. Ich heulte vor Wut. Ich musste den Nachbarsjungen um Hilfe bitten, es war so demütigend, am Ende habe ich die "Tirpitz" in den Müll gepfeffert, das war der einzige schöne Moment.

   Gott sei Dank hat inzwischen meine Frau ein Auge auf mich. Wenn ich nur eine Trittleiter aus dem Keller hole, schrillen bei ihr schon die Alarmglocken. Ich sage ihr dann immer, dass diese Reparatur doch eine Kleinigkeit wäre, dass ein Mann praktisch veranlagt sein müsse, sonst sei er kein Mann. Und wo eigentlich meine Kinder seien, wenn man sie mal brauche, wozu habe ich die eigentlich grossgezogen? Sie nimmt mir dann sanft das Werkzeug aus der Hand und flüstert: Geh und schreib irgendwas.

 

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