Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (28. Januar 2018)
 
Krächzen, würgen, quietschen
 

   Ja ... Nein ... Ich kann sie schlecht hören. Wie? ... Störgeräusch! Melde mich! ..." Ein Gesprächsfetzen wie viele andere in dieser Woche. Die Deutschen hörten schlecht, weil sich ein heiserer Ton in ihre Ohren gefräst hatt - so stark, dass Waschbecken über die Ufer traten, in den Alpen Lawinen abgingen und Hundebesitzer ihren Schützlingen Anti-Migräne-Tabletten ins Futter mischten.



   Das Phänomen hing natürlich irgendwie mit dem Niedergang der SPD zusammen. Doch diesmal war nicht der Parteivorsitzende schuld, jener tragikomische Don Quijote der Arbeiterbewegung. Die Rückverfolgung der Störgeräusche endete nicht weit von ihm entfernt. Laut HNO-Experten handelte es sich um Morbus Nahles, eine Krankheit mit diffuser Symptomatik: Schwerhörigkeit, Lippenstift-Kraftmeierei und berstendem Temperament. Sie wird von der SPD-Fraktionschefin viral bei Parteitagsreden und in Talkrunden verbreitet und kann sogar zu Meteoriteneinschlägen und Seebeben in küstennahen Gewässern führen.

   In den Reihen der künftigen Koalitionspartner wappnet man sich mit Metallkrawatten und dem erflehten Schutz der Mutter Gottes gegen die Gallionsfrau der Sozialdemokraten. Diese hatte angekündigt, so lange zu krächzen, bis alle quietschen. Kaum ein Konservativer konnte sich daran erinnern, wann er zuletzt gequietscht hatte. Als die Mutti den Pullunder der jungen Union zu heiss gewaschen hatte? Als er beim Neujahrsempfang den sechsten Liter Augustiner an sich herunterlaufen liess? Als er zum ersten Mal einem Parteifreund den Dolch in den Rücken rammte und das Gefühl von Macht und Todesnähe verspürte?

   Die Verhandlungen werden jedenfalls zu einem Golgotha der modernen Demokratie. Die SPD will alles aufbieten, was noch in den Arsenalen lagert. Hunderttausende Parteizwerge sollen in Berlin aufmarschieren, der Parteichef hat genügend nadelscharfe Spiegelstriche in seiner Herrenhandtasche, mit denen er den Verhandlungsgegnern unerträgliche Schmerzen zufügen kann. Man munkelt, er werde beim Punkt namens "Sachgrundfreie Kassen-Beitragsbeimischung" zwei Unionspolitiker gleichzeitig in seinen gefürchteten Schwitzkasten (den sogenannten Schäfer-Gümpel) nehmen.



   Klar ist: Das Kreischen und Quietschen, das Ächzen und Poltern aus Berlin wird die Republik nachhaltig verändern. Laut WHO wird der Bedarf an Schmerztabletten um das Dreihundertfache ansteigen - ein Problem, das die Zweiklassenmedizin herausfordert. Während sich die Vermögenden in verschwiegenen Fachkliniken einer Entnahlisierungstherapie unterwerfen, stieren die Kassenpatienten fiebernd auf ihr TV-Flachschirmgerät, um sich abzulenken. Dort, im Selektionsdrama des Dschungelcamps, herrschen Anmut, Raffinesse und gegenseitige Wertschätzung. Und, es wird weder gewürgt noch gequietscht.
 

 

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