Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (03. Juni 2018)
 
Das Geheimnis des männlichen Gehirns
 

   Welche Spieler sollte Jogi Löw mit zur Fussball-WM nehmen? Über solche Fragen kann ich bis tief in die Nacht diskutieren. So ein Mannschaftsgefüge ist ein kompliziertes Gebilde, mir raucht dabei der Kopf, und vom vielen Nachdenken habe ich am nächsten Tag einen Kater. Oder lag es doch am Bier?



   In Frankfurt erforschen sie gerade, was im Kopf eines Mannes vorgeht, wenn er Fussball schaut. Meine Frau glaubt, dass da garnichts vorgeht. Zumindestens nichts, was mit normalen Massstäben zu messen wäre. Das viele Fussballgucken von mir und meinem Sohn nennt sie schlicht "verhaltensgestört".

   Wir werden sehen! In Frankfurt wollen sie, wie sie am Montag bekannt gaben, im Senckenberg-Naturmuseum ein begehbares Gehirn errichten. Da kann man dann gucken, welche Hirnareale aufleuchten, wenn der Schiedsrichter abseits pfeift. Ich persönlich glaube ja, dass die Reaktion auch davon abhängt, ob der Schiedsrichter-Pfiff zu Recht erfolgte, es also tatsächlich auch abseits war. Nicht berücksichtigt wird leider auch die neueste Erfindung der Fussballfunktionäre, dem Video-Schiedsrichter. Er sorgt dafür, dass man zum Teil minutenlang nicht weiss, ob man sich über ein Tor wirklich freuen kann oder nicht. Für das männliche Gehirn doch eine extreme Belastung.

   Den Kopf hingehalten für das Projekt hat übrigens Charly Körbel. Das ist eine Frankfurter Fussballlegende, kein Spieler hatte mehr Einsätze in der Fussball-Bundesliga. Bei einer Online-Abstimmung über die Frage, welches Gehirn man für das Projekt nehmen soll, landete Körbel übrigens vor dem Physik-Genie und Nobelpreisträger Albert Einstein. Mir leuchtet das ein, denn Einstein ist schon tot. Wie hätte mann dem noch Fussballspiele zeigen sollen?



   Fussballgucken erfordert "höggschde Konzentration", wie Jogi Löw sagt. Man muss alles um sich vergessen können. Mein Ziel ist, nicht einmal mehr zu bemerken, wenn meine Frau mal wieder durchs Fernsehbild läuft. Das wäre die höchste Stufe der Versenkung, dann wäre ich ein Fussball-Buddha.

   Eine besondere Herausforderung stellt diesbezüglich die Fussball-WM dar, die ja in zwei Wochen beginnt und auch vom Fussball-Laien zum Anlass genommen wird, einen zu deutschen Gruppenspielen einzuladen. Es gibt Mexikanisches vom Grill, weil der Gegner Mexiko heisst, aber leider funktioniert der Fernseher auf der Gartenterasse nicht. "Egal, Hauptsache zusammen, ist doch ein schöner Abend", sagt sie dann, während ich panisch darüber nachdenke, wie ich von hier weg und zu einem funktionierenden Fernseher komme. In solchen Momenten schaue ich fassungslos meine Frau an und denke an ... ach, an nichts.
 

 

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