Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (15. Juli 2018)
 
Taubenkot im Bierglas
 

   Über dem politischen Schlachtfeld lag in dieser Woche Apathie. Wo gerade noch der Blutrausch raste, hörte man erschöpftes Durchatmen, Gliederknacken, Bauchkratzen und Gähnen. Warum auch nicht. Die Grenzen sind dicht, der Testosteronspiegel bei den politischen Kraftmeiern weit im Soll. Seit die bayerischen Schleierfander ihren Schleier über Österreich, den Balkan, Italien, die Nord- und die Ostsee, Finnland und Teile der Stratosphäre warfen, haben sogar migrationswillige Maulwürfe ihren Asyltourismus aufgegeben.



   Doch was nun? Zurücklehnen? Stillhalten gar? Wochenlang hat man die Politik in Atem gehalten, um sich gebissen, gekratzt und gepöbelt. Jetzt drohte die alte bayerische Krankheit. Kaum hat man das Heft des Handelns an sich gerissen, versinkt man in dösiger Selbstzufriedenheit und trinkt sich meditativ in den alpinen Sonnenuntergang hinein. Zum Ende der Woche hin wurden die Warnungen zahlreicher. Es drohe der von der bayerischen Politik am meisten gefürchtete Zustand: Stabilität und Ruhe - und damit die Gefahr, nicht mehr wahrgenommen zu werden. Diese Nicht-Wahrnehmung ist für einen Politiker des Freistaats schlimmer als ein Batzen Taubenkot im Bierglas.

   Panische Debatten folgten. Man müsse nachlegen, draufsatteln, Lärm machen ... in Berlin auch mal krachledern auftreten ... Störfaktor bleiben ... an die Landtagswahl denken, weil "Wenn die schiefgeht - Heiligemuttergottesbetefürunssünder!" Aber wie? Beklommenes Schweigen folgte. Sollten die Grenzkontrollen auch auf Nichtraucher, Homosexuelle, Atheisten und Radfahrer ausgeweitet werden? Ein Claim müsse her, meinten einige aufstrebende Jungpolitiker der Staatspartei und erklärten auf verdutztes Nachfragen der Älteren; Na ja, irgendein griffiger Spruch halt. Ein Reinheitsgebot für das Land etwa, das den Rechten endgültig das Wasser abgraben würde. "Bayern sortenrein" - damit würden auch Sauberkeitsfantasien von Rentnern und Hausfrauen befriedigt.



   Doch mit welchem Personal? Der Parteichef wirkte zuletzt gebeugt und wächsern, unterdrückte kaum ein Gähnen in der Öffentlichkeit. Erst durch das Kokettieren mit seinem Alter sei klar geworden, dass er erst 69, also blutjung ist und vermutlich auf Lebenszeit in der Politik bleiben will. Ein Plan sieht deshalb vor, ihn wieder zu seiner üblichen Rücktrittsangebote zu drängen, dieses dann aber überraschend anzunehmen. Auch ein politischer Mord - in der CSU Routine - werde erwogen.

   Der Rest der Republik kann also aufatmen. In der politischen Arena blähen sich bald wieder die Nüstern. Die giftige, bucklige Kröte des Populismus übernimmt die Amtsgeschäfte. Der Sommer verspricht damit weit mehr als Eisdielen-Routine, erotisches Geschnäbel oder Cocktail-Stumpfsinn.
 

 

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