Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (09. September 2018)
 
Feinrippgekuschel
 

   Das Land trocknet sich den Schweiss ab, blinzelt in die müde gewordene Sonne und nimmt die zweite Jahreshälfte in Angriff. Die Rückkehr der letzten Trecks aus den Urlaubsregionen überstrahlt noch einmal die Tristesse der ranzigen Eisportionen und der Schaufenster, in denen graue Rollkragenpullover ein humorfreies Regime errichtet haben. Da die Deutschen aber Weltmeister im Tourismus sind und diese Position gegen die anstürmenden Chinesen verteidigen müssen, gab es diese Woche noch einmal eine grosse Leistungsschau der Erholung in den Bürofluchten, sozialen Netzwerken, den Regierungsetagen und Vereinsheimen.



   Hören wir doch mal rein. "Also wir kennen es ja nur vom Durchfahren, aber diese Touristenhorden an der Adria, bin immer wieder froh, wenn ich in unser verschwiegenes Ferienhaus komme und die Küchenschürze umbinde. Haben uns dieses Jahr für das Kochseminar "Umbrischer Ferkeleintopf mit Renaissance-Pesto" entschieden. Wieder bei Enzo. Waren leider Leute dabei, die eine Nudelmaschine nicht von einer Blechstanze unterscheiden konnten. Und ihre Tortellini sahen aus, als ob sie von der Post abgestempelt worden wären." (Traudel G. aus München). "Alder, Malle isch nur noch was für Honks. Die spanischen Bullen verstehen keinen Spass mehr. Musste nach dem Kadavern das Erbrochene im Sangriaeimer zu Fuss in die Müllverbrennungsanlage nach Sa Pobla bringen. Nächstes Jahr buche isch Goldstrand. Da bringt dir die Polizei das Bier ans Bett." (Fred C. aus Offenbach). "Christian war leider bei politischen Fototerminen in Mallorca. Ich habe solange mit einem seiner FDP-Feinripp-Unterhemden gekuschelt." (Neue und aufsehenerregende Freundin eines FDP-Politikers). "Weiss auch nicht warum, aber ich bin voll aggro. Letzte Woche wieder drei Ausflügler direkt in der Sonnenbank gestochen. Tut mir auch leid, aber ich fühle mich danach einfach besser." (Anonyme Wespe in einem sozialen Netzwerk). "Zwischen Oberfranken und dem Gardasee bin ich mir in diesem Sommer mehrfach selbst begegnet. Ein Anblick, den ich keinem Asyltouristen wünsche." (Markus Söder).



   Nachdem das Erinnerungsgezwittscher langsam verhallt war, ging man wieder zur Tagesordnung über. Im Südwesten legt die Regierung Pläne für 45 neue Tunnel vor, der Arbeitskreis Rasse und Siedlung der AfD legt Pläne für eine pigmentbereinigte Umvolkung Deutschland vor, die Kanzlerin legte Pläne für die Neuordnung Europas vor, die aber zu keiner Mehrbelastung des deutschen Steuerzahlers führen dürfte, und die linke Sammlungsbewegung trifft sich im Nebenraum einer thüringischen Vereinsgaststätte und legt Pläne für einen Kapitalismus ohne Gier vor. Allerdings hat bisher niemand Pläne vorgelegt, wie wir nach diesem Sommer den Herbst und Winter überstehen sollen. 
 

 

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