Dank der Winterzeit sind
wir eine Stunde jünger. Aber mit der Sommerzeit könnten wir
beim Italiener länger draussen sitzen. Am besten, jeder macht,
was er will.

"Entschuldigung,
können Sie mir sagen, wie viel ...?" - "Wie viel was?"
- "Also, die Uhrzeit ..." - "Sie sind heute schon
der Fünfte! Ich habe keine Ahnung. Ich habe geschlafen wie immer
und beim Aufstehen war die Uhr falsch, verstehen Sie? Und jetzt,
vor, zurück, vor. Ich habe seit Tagen meine Kinder nicht mehr
gesehen, weil jeder kommt und geht, wann er will." - "Aber
ich wollte doch nur ..." - "Jaja, aber ich sage: Wir
brauchen da wieder mehr Ordnung. Jemanden, der mit dem ganzen
Sommerwinterzeugs aufräumt. Der vor geht und nicht nach. Eine
Zeit für alle Deutschen. Und den anderen drehen wir den Zeiger
um, bis sie quietschen." - "Also, ich finde, jetzt
übertreiben Sie ein wenig." - "Ich übertreibe? Wer
hat uns denn den ganzen Schlamassel eingebrockt? Die da in Berlin
mit ihrem dauernden Vor und Zurück." - "Na ja, eigentlich
geht es in Berlin ja nur noch zurück." - "Egal, ich
sage nur: Fünf nach Zwölf. Oder mehr. Mindestens!" - "Können
Sie mir denn jetzt sagen, wie viel Uhr ...?" - "Ich
denke nicht daran!"
Wir blenden
uns hier aus dem Dialog über den Sinn und Unsinn der Sommer-
oder Winterzeit aus und stellen verbindlich fest: Es ist jetzt
genau 22 Minuten vor ... bzw. zwölf nach ... Ist ja garnicht
so schwer. Man musste diese Woche nur in der Nacht der Entscheidung
aufstehen, zum Bahnhof fahren und dort warten, bis der Zeiger
auf drei sprang oder zurück auf zwei. Oder man wartete eine
Stunde und sah dann weiter. Wer das geschafft hat, kann sich
jetzt, um zwölf nach, eine Stunde mehr Zeit lassen, um diesen
Text zu Ende zu lesen. Die anderen müssen halt ein paar Abschnitte
überspringen.
Dabei bringt die Zeitumstellung
im Herbst nur Vorteile. Man gewinnt eine Stunde, wird also jünger.
Dem Vernehmen nach wollte EU-Kommossionspräsident Juncker mit
der Telefonabstimmung, die an einem Wochentag von 6:30 bis 6:43
stattfand und an der sich Millionen, wenn nicht sogar mehrere
Hunderte Bürger beteiligten, einige seiner tiefsten Gesichtsfurchen
glatt bügeln.

Peter
Altmaier dagegen dringt auf die Sommerzeit, weil er dann abends
länger draussen sitzen kann und Gnocchi mit Walnuss-Gorgonzola-Sauce
essen kann. Bei einer Umstellung um eineinhalb Stunden wäre
sogar noch eine Flasche Primitivo drin. Die SPD aber will, dass
in Bayern die Uhren um 50 Jahre zurück gestellt werden, um den
Geisteszustand der dortigen Machtinhaber gerecht zu werden.
Zudem würde Horst Seehofer aufgrund des ewigen Zeitrückstands
nie wieder in Berlin ankommen. Die Deutsche Bahn möchte die
Uhren je nach Verspätungslage täglich um fünf Stunden vor und
zurück, auf null oder nach links und nach rechts drehen.
Bis
zu einer endgültigen Entscheidung geht alles so weiter wie bisher.
Vor oder zurück. Hin und her. Menschen drehen orientierungslos
an ihren Armbanduhren, lassen sich von den digitalen Menüs ihrer
Wecker verhöhnen, verpassen Schicht und Rendezvous, basteln
sich Hilfsreime zur Zeitumstellung wie "Die Uhren werden
umgestellt, bis jeder Treff ins Wasser fällt". Oder "Egal
wo hin der Zeiger zeigt, In Deutschland macht sich Chaos breit."
Wer sehnsüchtig zurückblickt, schaut eigentlich schon nach vorn
- und für die anderen ist ohnehin alles zu spät.
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