Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (16. Dezember 2018)
 
Kramp-Karrenbauer ist länger als Merz
 

   Das Erfolgsgeheimnis der nächsten Bundeskanzlerin ist gelüftet. Die Deutschen hat dieses Jahr aber eine ganz andere Frage umgetrieben, nämlich: Wo ist der Mond?



   Die Welt bereitet sich auf die nächste deutsche Bundeskanzlerin vor, Annagret Kramp-Karrenbauer. Mit der "nächsten Bundeskanzlerin" meine ich nicht die übernächste, dies nur zur Klarstellung. Meine Frau hat mich da kürzlich etwas verunsichert. Für sie (und einige andere) ist das nächste Wochenende nämlich das übernächste, das kommende Wochenende hingegen dieses. Verstanden?

   Mit der "nächsten" Bundeskanzlerin meine ich also die kommende, vielleicht auch schon bald diese, denn ich habe in der Zeitung gelesen, dass das mit dem Kanzlerinnen-Wechsel ganz schnell gehen kann, wenn die SPD in Berlin plötzlich nicht mehr mitregieren will.

   In so einem Fall würden zwar womöglich auch wieder andere CDU-Kandidaten ihren Hut in den Ring werfen, denn wenn es um das Amt der Bundeskanzlerin geht, ist sich jeder selbst der Nächste. Aber Kramp-Karrenbauer dürfte auch dann nicht zu schlagen sein.

   das liegt an ihrem sperrigen, schwer aussprechbaren Namen. Für ausländische Nachrichtensprecher ist ihre Wahl zur CDU-Chefin zwar schon jetzt der härteste Schlag seit der Ernennung von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zur Bundesjustizministerin im Jahr 1992. Aber die Kanzlerwahl wird in Deutschland gewonnen, und da hat ein derart langer Name entscheidende Vorteile. Allein schon das Aussprechen des Namens Kramp-Karrenbauer dauert in Radio und Fernsehen etwa doppelt so lange wie das Erwähnen ihres Kontrahenten Friedrich Merz. Kramp-Karrenbauer bekommt aber nicht nur mehr Sendezeit, sondern auch mehr Platz in der Zeitung. Die Kollegen der "Saarbrücker Zeitung", dem Heimatblatt der künftigen Kanzlerin, haben jetzt eingeräumt, dass sie über Kramp-Karrenbauer stets möglichst mehrspaltig berichtet haben, damit der Name in die Überschrift passt. Die Politikerin habe sich nämlich verbeten, sie nur beim Mädchen-Namen "Kramp" zu nennen, und das Kürzel "AKK" schien der Redaktion zu distanzlos.

   So macht man also Karriere. Während Männer wie Merz aufgrund ihres kurzen Namens in der Zeitung oft nur einen Einspalter bekommen, ist Politikerinnen wie Kramp-Karrenbauer eine mehrspaltige Berichterstattung sicher. Sollte sich das herumsprechen, werden wir in Zukunft in der Politik öfter mit Zungenbrechern zu tun bekommen.



   Politiker mit langweiligen Namen können sich aber auch dadurch interessant machen, in dem sie verschwinden - am besten öffentlich: "Wo ist Martin Schulz?" - Diese Frage haben sich laut dem Suchmaschinen-Konzern Google dieses Jahr auffällig viele Deutschen gestellt. Bei den Wo-Fragen an Google landete sie auf Platz sechs. Schulz ist demnach einer der Aufsteiger des Jahres - oder besser Aussteiger. Bei einer Talkshow im Fernsehen verliess der frühere SPD-Chef kürzlich für ein paar Minuten die Sendung. Alle witterten einen Eklat, aber er nur kurz auf dem Klo.

   Auf Platz eins der Wo-ist-Fragen landete "Wo ist der Mond?". Auch das lässt sich durch rätselhaftes Verschwinden erklären, es gab dieses Jahr zwei Mondfinsternisse. Die nächste ist am 21. Januar 2019 - und die kommende übrigens auch.
 

 

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