Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (24. März 2019)
 
Schweinshaxen in Radlerhosen
 

Klar, man kann den Frühling bejubeln. Aber die Verbindung von Fleisch und Mode hat mindestens so viele Grusel-Aspekte wie ein alter Sience-Fiction-Film.



   Diese Woche liess sich der Kontakt mit dem Frühling nicht mehr vermeiden. Er war bereits vor Tagen an der portugiesischen Küste angelangt - Berichten zu Folge in einem chinesischem Container - und hatte sich dann langsam nach Norden durch vorgearbeitet. Schliesslich erreichte er Deutschland. Er drang in die Klassenräume der Schulen ein, wo sein Licht auf defekte Fenstergriffe, Staubfäden aus der Zeit der ersten Völkerwanderung und schundige Schiefertafeln fiel, die nie Teil der digitalen Welt sein werden. Er leuchtete in die häuslichen Kleiderschränke, wo schwarze Pullover ein strenges Regiment führen, und liess die Zähne der italienischen Gastronomen aufblitzen wie die Auspuffrohre ihrer Ferraris.

   Das Land zögerte noch, ob es sich der Jahreszeit so einfach hingeben soll. Der Umgang mit dem Frühling verlangt schliesslich Fingerspitzengefühl und unbedingte Selbstkontrolle. Bleich und blutarm durch den langen Winter, sortierten die Bewohner der Metropolen ihre eisgrauen Gedanken, stolperten durch die Türe und traten auf die erste Eidechse, die sich aus dem nächsten S21-Tunnel hervorgewagt hatte.

   Ganz wagemutige streiften sich jenes Kleidungsstück über, das einst als apokalyptische Strafe eines missgelaunten Modezaren über die Welt gesandt wurde: Die sogenannte Radlerhose. Ihre kompressiven Fähigkeiten versagten angesichts puddingweicher Oberschenkel, ihre Nähte versanken im Depotfett ihrer Besitzer und werden erst im Herbst wieder wieder auftauchen. Für das Frühjahr haben sogenannte Influencer dieses Textil zum modischen "must-have" erklärt. Das hat Folgen. der Anblick eines Mittvierzigers, der nach dem Genuss einer frühlingshaft glänzenden Schweinshaxe seinen expandierenden Körper in die Radlerhose drängt, kann bei sensiblen Menschen Schwindel, Internethass und rechtes Gedankengut auslösen. Wenn dieselbe Radlerhose noch mit einem kurzärmeligen Hemd kombiniert wird, ist man mitten in einem alten Alienfilm.



   Die Chinesen hatten von allem keine Ahnung, als sie uns den Frühling über die See schickten. Ihr Plan war ein anderer: Man will die Weltherrschaft erreichen, in dem man den Westen mit billig hergestellten Serotonin, dem so genannten Glückshormon, überflutet. Serotonin wird im Frühling ausgeschüttet und gehört - das muss hier kurz erklärt werden - zur Gruppe der Indolamine bzw. Tryptamine. Was das heisst? Nun ja, jedenfalls vermittelt es ein Gefühl von Gelassenheit, innerer Ruhe und Zufriedenheit und dämpft Angst, Aggression und Hungergefühl. Gerüchten zufolge schwitzen die umstrittenen Huawei-Smartphones literweise Serotonin aus und machen ihre Benutzer zu willenlosen Werkzeuge der Pekinger Führung. Die Opfer kaufen chinesische Radlerhosen oder verraten den Kantinenplan ihrer Firma an die Konkurrenz aus Fernost. Die Politik ist alarmiert und prüft, ob man den Frühling wieder einpacken und zurück schicken, mindestens aber samt Container ins Meer kippen kann. Fischstäbchen allerdings wären wegen dieses chinesischen Hormoncoctails dann nur auf Rezept erhältlich.
 

 

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