Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (28. Juli 2019)
 
Hitze und andere Dinge der Gewalt
 

Die Hitze macht Menschen aggressiv. Manche schrecken in diesen Tagen nicht einmal vor Gewalt gegen Lebensmittel zurück.

   Alles fing damit an, dass ich eine Süsskartoffel kaufen sollte. "Kauf doch bitte eine Süsskartoffel", sagte meine Frau, als ich mich auf den Weg zum Supermarkt machte. Zum besseren Verständnis: Ich bin der bei uns in der Familie, der die Lebensmittelvorräte auffüllt. Meine Frau geht nur in den Supermarkt, um spontane Bedürnisse zu befriedigen. "Lustkäufe" nenne ich das.



   "Warum soll ich eine Süsskartoffel kaufen?", fragte ich. "Eine Süsskartoffel kann man immer gebrauchen", sagte sie. Ich dachte, das ist doch eine glatte Lüge. Mein ganzes Leben bin ich wunderbar ohne Süsskartoffeln klargekommen. Gäbe es meine Frau nicht, wüsste ich noch nicht einmal, wie so eine Süsskartoffel aussieht. Aber gut, sagen wir mal nichts.

   Es lohnt sich nicht, wegen einer Süsskartoffel zu streiten. So eine Ehe ist ein gebrechliches Gebilde. Aber ich wusste natürlich, wie das mit der Süsskartoffel ausgehen würde. Ich wusste es, ich wusste es! Und ich hasse es, Recht zu haben.

   Diese Hitze macht einen aggressiv, ist es nicht nachgewiesen, dass es bei steigenden Temperaturen mehr Mord und Totschlag gibt? Unterm Strich sei die Datenlage nicht eindeutig, sagte der Konfliktforscher Andreas Zick unlängst in der "Welt". Dass Hitze einen Effekt habe, sei aber unumstritten. Aber es sei eher ein verstärkender Faktor, irgendetwas müsse bereits vorhanden sei.

   Ach nee! Diese Forscher! Wer hat denn je etwas anderes behauptet? Mannomann. Wo war ich? Ach ja, Hitze und Süsskartoffeln. Folgendes könnten Klimaschützer auch in ihr Klagelied mit aufnehmen: Die Erderwärmung macht uns nicht nur aggressiver, die Lebensmittel gehen auch schneller kaputt, zumindestens wenn sie auf einem Küchentisch gelagert werden.

   Womit ich schon angedeutet habe, wo die Süsskartoffel letztlich landete. Sie lag auf einem Tischchen auf dem Küchenbalkon. Mal lag sie quer, mal lag sie längs, aber immer lag sie da und nie nie wurde sie benutzt, angeknabbert oder vielleicht sogar gegessen. Meine Frau gab die Existenz dieser Süsskartoffel womöglich ein gutes Gefühl, denn so eine Süsskartoffel kann man ja immer mal brauchen. Ich hingegen fragte mich in dem Zusammenhang nur: Wozu?



   Es gibt Lebensmittel, mit denen ich deutlich mehr Schwierigkeiten habe. Rote Beete kann ich nicht mal sehen, geschweige riechen. Und bei den langen Makkaroni frage ich mich immer, wer die essen kann, ohne sich die Kleidung vollzuspritzen. Auch wenn sich die Dinger ganz gut als Trinkhalme eignen, ich will keine Makkaroni in meinem Haus haben. Makkaroni oder ich!

   Meine Frau und ich benutzen inzwischen verschiedene Kaffeemaschinen, so etwas kann im Laufe einer langen Ehe schon mal passieren. Meine Maschine steht auf dem Küchenbalkon. Eines Morgens ist es dann passiert. Ich nähere mich mit einem Löffel Zucker meiner Kaffeetasse, doch auf dem Weg dahin ist die Süsskartoffel im Weg. Der Löffel kippt, der Zucker rieselt, ich flippe aus, schnappe die Süsskartoffel und breche das kleine Stück ab, das mir im Weg war. Dann fliegt die Süsskartoffel ins Gemüsefach des Kühlschranks. Und da liegt sie noch immer.
 

 

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