Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (20. Oktober 2019)
 
Geschäfte mit dem Weltuntergang
 

Dinge der Woche. Früher haben die jungen Leute irgandwas mit Medien machen wollen, heute irgendwas mit Umwelt. Als Klima-Aktivist verdient man offenbar gar nicht so schlecht.

   Ich hätte nie gedacht, dass ich mal Reinhard Mey feiern würde. Mit dem Liedermacher, inzwischen auch schon 76 Jahre alt, verband ich bislang nur das mich mässig begeisternde Lied "Über den Wolken".



   Diese Woche nun bin ich über "Die Ballade vom sozialen Aufstieg des Fleischermeisters Fred Kasulzke" gestolpert, die Mey im Jahre 1970, also vor knapp 50 Jahren, live in Berlin zum Besten gab.

   Das mit Berlin passt ganz gut, denn dort haben kürzlich auch die "Aktivisten" der Klimaschutz-Bewegung "Extinction Rebellion" tagelang Strassenkreuzungen blockiert und dabei allerhand Müll hinterlassen. Die Aktivisten glauben an die Auslöschung der Menschheit und würden, um dies zu verhindern, die Auslöschung der Demokratie in Kauf nehmen.

   Nun ist es so, dass Klimaschutz-Bewegungen kommen und gehen. Das Interessante an "Extinction Rebellion" ist aber, dass bekannt wurde, wie viel diese Gruppierung bereit ist, ihren Aktivisten zu zahlen. Laut Medienberichten gibt es bis zu 450 Euro an Aufwandsentschädigung pro Woche, wenn man einen Vertrag unterschreibt und von seiner Aktivisten-Gruppe bescheinigt bekommt, dass man schwer dafür schuftet, den Berufsverkehr lahmzulegen.

   Womit wir wieder bei Reinhard Mey wären und dem Jahr 1970. Seine Ballade über Herrn Kasulzke handelt von einem Fleischermeister, der aus Geldnot auf die Idee kommt, sich als Berufsdemonstrant zu verdingen. Er gründet eine Firma, bietet Proteste aller Art an und ist damit wirtschaftlich sehr erfolgreich. Einem Reporter erklärt er sein Erfolgsrezept so: "Für die Meinung Freizeit opfern, will doch heute kein Mensch mehr. Gar bei Regen demonstrieren geh'n? Was, Mann wo kommen Sie denn her?"

   Aus heutiger Sicht wirkt dieser Text von Reinhard Mey visionär. Man könnte allerdings auch sagen, alles schon mal da gewesen. Vielleicht sollte man den jungen Menschen im Geschichtsunterricht nicht nur erzählen, vor wie vielen Tausend Jahren die Pyramiden gebaut wurden, sondern sie auch darüber informieren, dass der Umweltschutzgedanke nicht erst mit Greta Thunberg in die Welt kam und dass die grössten Schwarzmaler schon immer die stärkste Anziehungskraft entwickelten. Als ich zum Beispiel in den achtziger Jahren studierte, war ein Buch von Holmar von Dithfurth ein Bestseller. Laut diesem Buch stand, statistisch betrachtet, wegen der Überbevölkerung der Weltuntergang kurz bevor. In der Zwischenzeit hat sich die Weltbevölkerung ein weiteres Mal fast verdoppelt, die Ernährungslage ist aber deutlich besser geworden, der Held meiner Studententage hat sich geirrt.



   Alles vergeben und vergessen. Mit dem Weltuntergang lassen sich in jeder Generation aufs Neue gute Geschäfte machen. Aus irgendwelchen Gründen gelten jene, die das Ende der Welt prophezeien, als besonders klug. Warum gibt es keinen Aufstand gegen die ganzen Schlaumeier, eine "Extinction Rebellion Rebellion" gewissermassen? Und wer fordert endlich eine Besteuerung für Besserwisser?

   Dafür - und natürlich für die 450 Euro pro Woche - würde ich dann auch mal eine Strassenkreuzung blockieren.
 

 

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