Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (24. November 2019)
 
Schickt eure Leute in die Wüste!
 

Dinge der Woche: Die deutsche Industrie lahmt, das Abendland scheint ratlos. Das müsste nicht sein, würden sich Verkaufsprofis Inspirationen aus dem Morgenland holen.



   Von einer Massenbewegung zu sprechen, wäre zu früh. Aber erste hoffnungsvolle Pflänzchen treiben im marokkanischen Wüstensand aus. Dort bin ich in den vergangenen Wochen deutschen Touristengruppen begegnet, die bei einem Ausflug in die Sahara auf spritfressende Geländeboliden verzichteten und sich stattdessen von Kamelen in die Sahara tragen liessen.

   Ein toller Ansatz, der für mich aus ideologischen Gründen aber nicht infrage kam. Als leidenschaftlicher Nichtraucher möchte ich mich ungern von einem Lasttier verschaukeln lassen, das als Aushängeschild für eine US-amerikanische Zigarettenmarke herhalten muss. Gleichwohl habe ich mich auf meinem Orienttrip eines tierischen Fortbewegungsmittels bedient. Ich fuhr in einem Panda durch den Süden Marokkos.

   Aus Öko-Sicht ist der Fiat durchaus eine Alternative zum Trampeltier. Sein Spritverbrauch war moderat, und auf einer Strecke von 3000 Kilometern musste ich nur einmal drei Liter Spritzwasser für die Scheibenwischanlage nachfüllen. Keinen Dunst, was ein Kamel auf die Distanz schluckt, aber drei Liter Wasser scheinen mir eher knapp bemessen.

   Wie jeder brave Tourist bereise ich vor allem deshalb hin und wieder die Welt, damit ich mir nach drei Wochen sagen kann, dass es daheim am schönsten ist. Gleichwohl habe ich von dieser Reise ausser zwei Berberteppichen auch die Erkenntnis mitgebracht, dass wir, also genau genommen die deutsche Wirtschaft, von unseren marokkanischen Freunden einiges lernen können. Wenn ich hierzulande einen Laden betrete, beschleicht mich oft das Gefühl, dass ich als Störfaktor wahrgenommen werde, vor allem, wenn ich das kundige Personal mit Fragen zu den Produkten belästige. Anders in Marokko. Da werden Verkaufsräume und -stände von Magiern bevölkert.

   In deutschen Landen jedenfalls ist es mir noch nie passiert, dass ich auf der Suche nach einer Kneipe in einem Teppichladen gelandet bin und diesen eine Stunde später mit zwei Berberteppichen unterm Arm verliess. Wie der Verkäufer das gemacht hat! Ich weiss es nicht. Ich erinnere mich nur noch daran, dass er glänzendes Deutsch sprach, obwohl er unser wunderbares Land angeblich noch nie besucht hat. Und dass er von einer "schicksalhafter Begegnung" sprach und davon, dass man manchmal einfach einen schönen Teppich kaufen müsse, auch wenn man der Meinung sei, dass man keinen brauche. Gern auch zwei.



   Genau das habe ich dann auch getan. Dem Mann ist es gelungen, mich in Kaufrausch zu versetzen - ohne Alkohol, nur ein Kännchen zuckersüsser Pfefferminztee wurde gereicht. Deshalb, liebe Wirtschaftsbosse, wenn der Verkauf stockt, schickt eure Verkäufer zum Anschauungsunterricht einfach mal in die Wüste.

   Am Ende der Reise habe ich ganz ohne fremdes Zutun auf dem Flughafen von Makaresch mehrere Tafeln sündhaft teure Schokolade aus Kamelmilch gekauft, 70 Gramm für 7,50 Euro. Ohne fremdes Zutun trifft es vielleicht nicht ganz. Ich liess mich von einem Herrn animieren, der im Duty-free-Shop eine Stange Camel-Zigaretten erstand. Ganz ohne Kamel geht es wohl doch nicht.
 

 

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