Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (08. März 2020)
 
Haugesund und Schlagmichtot
 

Dinge der Woche: Und wieder sind schöne Worte an unserem Autor vorbei geschwommen - aber auch welche, die sich wie ein Virus verbreiten und die man besser nicht anfassen sollte.

   Dieser Text sollte eigentlich virenfrei werden, aber dann ist ein Kreuzfahrtschiff der Aida-Flotte an einem norwegischen Küstenort gestrandet. Ein Pärchen an Bord steht unter Corona-Verdacht, die zweiwöchige Kreuzfahrt könnte sich nach einem Tag auf See zu einem Albtraum entwickeln. Das würde an Bord dann vielleicht Aggressionen gegen das Pärchen schüren, wir wollen es nicht beschreien, aber der Küstenort, vor dem das Schiff festsitzt, heisst Haugesund.



   Darf man noch lachen in der Corona-Krise? Ins Fäustchen lachen vielleicht wegen der Ansteckungsgefahr. Jedenfalls denkt man bei Haugesund gleich an Schlagmichtot. Schlagmichtot ist das Gegenteil von Haugesund - ein Ort in einer Gegend, wo sie alle Fjord Focus fahren.

   Schlagmichtot sagt man bekanntlich, wen einem ein Name nicht einfällt oder eine Jahreszahl oder ein gescheiter Text. In manchen Gegenden Deutschlands sagt man auch Schiessmichtot, aber das ist wegen der vielen Gewalt auf der Welt nicht mehr politisch korrekt. Der Deutsche wird ja immer sensibler und friedfertiger, sodass es irgendwann vermutlich Streichelmichtot heissen wird.

   Warum auch nicht, die Sprache lebt! Diese Woche erreichte uns ein Schreiben einer 87-jährigen Leserin, die unser Herz gleich damit eroberte, dass sie ihr Alter mit folgenden Worten einordnete: "Ich sage immer, ich gehöre noch zu der Generation, die noch eigene Erinnerungen an Hitler hat." Nein, es wird jetzt nicht politisch, die Antifa kann ihren Mundschutz wieder abnehmen. Wir fanden eine solche Aussage allerdings erfrischend in Zeiten, in denen sich ständig Menschen zu Wort melden, die keine eigene Erinnerungen an Hitler haben. Vielleicht wird es ja AfD-Rechtsaussen Björn Höcke deshalb von diesen Leuten zum neuen Hitler gemacht, wobei wir zugeben müssen, allein schon optisch macht es Höcke den Linksgerichteten leicht.

   Nein, jetzt keine Politik mehr, der Leserin ging es nicht um Hitler oder Höcke, sie fährt auch nicht im Hühnerstall Motorrad, ist also keine alte Umweltsau. Leute, packt mal eure Vorurteile ein!



   Diese ältere Dame erfreut sich einfach ebenfalls an netten Worten, die vorbeischwimmen, wenn man so am Fluss des Lebens sitzt. Oder sie ärgert sich darüber. Konkretes Anliegen ist eine Klage über den Begriff "nichtsdestotrotz", der ihrer Darstellung eine Veralberung des Begriffes "trotzdem" darstellt und etwas wichtigtuerisch klingt. Diesen Begriff höre sie inzwischen immer und überall, auch von gebildeten Leuten und das mache sie "etwas fassungslos".

   Nun sind wir hier keine Sprachforscher, aber wer hat heutzutage schon noch echte Bildung! Googeln hilft auch schon weiter. 144 000 Treffer für "nichtsdestotrotz" bei Google-News - ist das jetzt viel oder wenig? Und dann noch der Hinweis, dass es sich bei dem Begriff um eine "scherzhafte Mischbildung aus nichtsdestoweniger und trotzdem" handelt, aber das ahnte unsere geschätzte Leserin schon. "Wir haben manchmal mit der Sprache herumgespielt", erinnert sie sich. Ja, und das kommt dann eben dabei heraus - oder halt der Name "Haugesund".
 

 

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