Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (05. April 2020)
 
Ist der Söder jetzt Buntwäsche?
 

Dinge der Woche: Wegen Ansteckungsgefahr müssen viele Menschen von zu Hause aus verfolgen, wer gerade was gegen Corona tut. Dabei gerät so manches durcheinander.

   Homeoffice ist so gar nicht mein Ding. Ich kann mich zu Hause nicht auf die Arbeit konzentrieren. Vom Typ her bin ich eher ein Hausmann, dem es reichen würde, den Haushalt zu schmeissen, wenn man denn davon leben könnte. Überall sehe ich zu Hause Dinge, die man tun müsste. Flecken, die entfernt gehören, Müll, der nach Abtransport schreit, einen lahmenden Staubsauger.

   Ich habe meine Wochenkonferenz verpasst, weil ich damit beschäftigt war, den Beutel im Staubsauger zu wechseln. Der Staubsauger saugt wieder wunderbar, aber mein Chef war nicht amüsiert. Dass es am Staubsauger lag, konnte ich ihm nicht erzählen, das war mir doch zu peinlich. Wer verpasst denn wegen so was eine Konferenz?




   Im Büro wäre mir das nicht passiert, da wäre ich einfach den Kollegen hinterher getrottet. Im Büro bekäme ich auch was zum Essen, denn irgendeiner ruft immer: "Geht jemand mit in die Kantine?"

   Jetzt aber hat die Kantine geschlossen, ich sitze zu Hause, und dann huschen da auch noch so komische Gestalten vorbei, die ich sonst kaum zu Gesicht kriege. Ach ja, das sind ja meine Kinder, eigentlich schon fast ausgezogen, jetzt aber auch wieder notgedrungen häuslich geworden. Meine Tochter fängt vor lauter Langeweile an, Blumensamen einzupflanzen. "Hundszungen" stand auf der einen Packung, auf der anderen "Gartenkapiose". Schleppt die mir doch tatsächlich Gartenkabiose in die Wohnung, das ist doch bestimmt auch eine Krankheit!

   Egal, ich muss den Nachrichtenstrom verfolgen und schauen, wer gerade was gegen Corona macht. Meine Frau sagt, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder könne sie sich inzwischen gut als Bundeskanzlerin vorstellen. Und sogar all die kritischen Stimmen, die sonst kein gutes Haar an der CSU lassen, sprechen von Söder voller Hochachtung.

   Beim Sortieren von Wäsche denke ich darüber nach, ob das an Söder liegt, ob er also nach links gerückt ist, ob er gemäss der traditionellen politischen Farbenlehre überhaupt noch ein Schwarzer ist oder ob man ihn eigentlich wenigstens zur Buntwäsche zählen muss. Nur gut, dass mich keiner in der Redaktion hört, so kann ich dort nicht argumentieren. Vielleicht ist es doch gut, dass ich die Wochenkonferenz verpasst habe.



   Das Klopapier wurde diese Woche bei uns knapp, auch das ist im Homeoffice eine Belastung. Über Klopapier könnte ich allerdings auch mit den Kollegen reden, denn es ist mittlerweise ein Thema wie der Vietnamkrieg oder der Fall der Mauer. Jeder, der schreibt, muss sich dazu verhalten. Es wird künftig kein deutscher Schriftsteller mehr ernst genommen, der nicht mindestens einen Klopapier-Roman geschrieben hat.

   Ich kann an dieser Stelle an mein Frühwerk erinnern. Vor vielen Jahren schon berichtete ich über meine Schlüsselfunktion bei der Versorgung meiner Familie mit Klopapier ("Die Rolle meines Lebens"). Nun möchte ich nur noch darauf hinweisen, dass es in der Krise immer noch besser ist, Klopapier zu horten als Schusswaffen, wie es die Amerikaner machen. Das ist das sympatische Deutschland 2020: Grosse Klappe, aber nichts dahinter. Halt ein Klopapiertiger.
 

 

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