Dinge der Woche: Ganz gleich, ob man ihn mag
oder nicht: Ein Corona-Talk im Fernsehen ohne den führenden
Medizinmann der ehemaligen Sozialdemokratie ist nicht des Hinschauens
wert.
Es wäre mal wieder an der Zeit,
ein Loblied auf die Wissenschaft anzustimmen. Der Nobelpreis
für Medizin geht an den Entdecker des Hepatitis-C-Virus. Der
für Physik unter anderem an den deutschen Reinhard Genzel für
Arbeiten an Schwarzen Löchern. Die anderen in dieser Woche verkündeten
Nobelpreise sparen wir uns, damit sich die nachfolgenden Sendungen
nicht verschieben. Wie, wir sind hier nicht im Fernsehen? Kommen
Sie mir nicht mit so Nebensächlichkeiten!

Es
liegt mir fern, die Arbeit der Schwedischen Akademie der Wissenschaften
in Stockholm und die der Forscherelite zu kritisieren - und
doch darf man sich wundern, wieso die grössten Grundlagenforscher
des Planeten eine zentrale Frage dieser Tage nicht zu interessieren
scheint: "Wo wohnt eigentlich Karl Lauterbach?" In
einem Schwarzen Loch eher nicht.
Der
Gesundheitsexperte der SPD ist wandlungsfähiger als ein HI-Virus.
Mit Beginn der Corona-Pandemie hat er seine Fliege abgelegt.
Nicht weil er an hypochondrischer Atemnot leidet, sondern weil
er als Dauertalkgast im deutschen Fernsehen auch von jungen
Menschen akzeptiert werden will - und diese nicht auf Herren
mit Fliegen stehen. Ein cleverer Schachzug des Medizinmanns,
sieht man davon ab, dass sich junge Leute nicht fürs Fernsehen
interessieren.
In meinem Alter sieht
man schon noch fern, wenn auch nicht unbedingt Talksendungen
zu nachtschlafender Zeit. Doch reinschaue ich immer. Und wenn
ich Lauterbach sehe, entspanne ich mich und schalte um. Für
mich ist der Mann aus dem Rheinland ein Beruhigungsmittel ohne
Nebenwirkungen. Wobei ich eine gewisse Abhängigkeit nicht leugnen
kann. An zwei Sonntagen bei "Anne Will" reingezappt,
aber kein Lauterbach weit und breit, obwohl es um Corona-Karls
Lieblingsthema geht - da wird man schon mal nervös. Auch ein
Tagesausflug ins schöne Lautertal, wo ein Bach seinen Ansprüchen
nicht gerecht wird und mehr leise als laut dahinplätschert,
bringt nicht die erhoffte Wirkung. Mein Puls beruhigt sich erst
wieder, als ich am Mittwoch auf Facebook lese "Juchhu!
Heute wieder Maischberger bei Lauterbach."

Lauterbach
lebt und, um auf meine Eingangsfrage zurückzukommen, er logiert
wohl in irgendwelchen öffentlich-rechtlichen Katakomben. Höchstwahrscheinlich
in einer WG mit Wolfgang Kubicki. Ich meine, so oft wie auch
der in Talksendungen herumhockt, kann er sich den Heimweg sparen.
Denn was ihn dort erwartet, wissen wir, seit der eloquente Freidemokrat
dereinst nach zäh sich dahinziehenden Jamaika-Sondierungen im
"ARD-Morgenmagazin" verkündete, seine Frau müsse nach
Berlin kommen, um ihm frische Hemden zu bringen. Annette Marberth-Kubicki,
eine angesehene Strafverteidigerin, liess aus dem fernen Kiel
kühl über den Berliner "Tagesspiegel" verlauten, sie
sei sich sicher, dass ihr Mann "das Problem auch ohne mich
lösen wird". Da tut es sicher gut, wenn man einen TV-Kumpel
zum Anlehnen hat.
Solange sich Lauterbach
im Fernsehen um die Volkskrankheiten sorgt, kann ich mir Arztbesuche
sparen. Und wenn er die geheilt hat, kümmert er sich bestimmt
um die marode SPD.
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