Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (18. Oktober 2020)
 
Schwarze Löcher im Risikogebiet
 

Dinge der Woche: Die Bordelle sind wieder geöffnet, Armin Laschets Gedankengänge sind ein Fall für die Astronomie und sogar im All gibt es jeden Abend nur Pasta.

   Gott sei Dank gibt es auch noch gute Nachrichten zu vermelden. Die meisten Bordelle haben endlich wieder geöffnet, natürlich nur unter strengen, aber absolut logischen Auflagen. Sex gegen bargeldlose Bezahlung (EC, Visa) ist unter Einhaltung der Abstandsregeln vor der Sperrstunde nur bei offenem Fenster und Kerzenschein, mit Gummirüssel und Neoprenanzug erlaubt, ausser bei Vollmond oder wenn der zuständige Landkreis innerhalb von sieben Tagen mehr als 50 gemeldete Grosshochzeiten pro 100 000 Einwohner verzeichnet. Da gilt dann das Beherbergungsverbot. Ganz einfach.



   Ebenfalls erfreulich: Die Deutschen lesen wieder mehr. Umfragen zufolge greift jeder fünfte seit Beginn der Corona-Phobie öfters zu einem Buch oder etwas ähnlichem, wobei nicht ganz deutlich wurde, was diese Leute mit den Büchern in Wirklichkeit anstellen. Werfen sie damit im coronösen Frust nach dem Ehepartner? Verwenden sie die Gewinner des Deutschen Buchpreises als Unterlegkeile für ihre E-Autos? Oder horten sie die Schwarten von Ken Follett als heimliche Klopapierreserve im Falle eines neuerlichen Lockdowns? Und was machen schliesslich all die anderen jungen Menschen, die nur selten oder nie zu einem Buch greifen? Wieder mal ordentlich abfeiern, bis der Nachbar klingelt?

   Niemand weiss es. Nur eines ist gewiss: Der Impfstoff kommt. Bestimmt. Irgendwann jedenfalls. Nur noch den einen oder anderen Winter abwarten, regelmässig stosslüften und im Hotspot kuscheln. Das wird schon. Oder auch nicht, was auch egal wäre. Das ganze Leben ist doch kaum mehr als ein Abstecher in ein Risikogebiet. Die Skiferien sparen wir erst einmal, beantragen Hartz IV und gehen in die innere Emigration.

   Und bis wir den verheissungsvollen Pikser erhalten, der uns die Freiheit zurückgibt, schreiben wir Kontakttagebücher oder gucken aus dem Fenster (Stosslüften!) in die Sterne. So wie diese Wissenschaftler von der europäischen Südsternwarte. Die konnten mit ihren Teleskopen kürzlich die letzten Momente eines Sterns festhalten, der von einem supermassereichen Schwarzen Loch zerrissen wurde. Was ja echt traurig ist. Kommt nämlich ein Stern zu nahe an ein supermassereiches Schwarzes Loch heran, wird er von der extremen Anziehungskraft angesaugt und kann dabei in lange Fäden gezogen werden - ein Vorgang, der als "Spaghettifizierung" bekannt ist.



   Erst mal denkt man bei rotierenden Galaxienhaufen, Schwarzen Löchern und einer mysteriösen kosmischen Leere an seltsame Phänomene, die in Armin Laschets vibrierender Hirnschale stattfinden oder das unterirdische Defensivverhalten der deutschen Nationalmannschaft bei ihrem Auftritt in der Nationsleague erklären. Aber dann erkennt man die Parallelen unseres alltäglichen Verglühens zur Spaghettifizierung im All, wenn wir uns abends wieder ein mal ein billiges Aldi-Pesto auf die Pasta schütten, statt beim richtigen Italiener mit einer Flasche Chianti das Leben zu feiern. Was uns bleibt, abwarten und Erkältungstee trinken. Und falls jemand klingelt, nicht aufmachen! Es könnte sich um ein irres Schwarzes Loch handeln.
 

 

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