Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (31. Oktober 2020)
 
Ökolaster des Todes
 

Dinge der Woche: Die Corona-Pandemie darf keinesfalls dazu führen, dass wir die wahren Gefahren des Lebens ausser Acht lassen. Hat eigentlich wer die Lastenfahrrad-Lenker im Blick?

   Berühmte Kolumnisten bekommen von befreundeten Autoren gern deren Neuerscheinung mit dem dezenten Hinweis überreicht: "Vielleicht kannst du damit was anfangen." Gemeint ist natürlich "Also ich hätte nichts dagegen, wenn du mein neues Buch, in das ich wahnsinnig viel Arbeit gesteckt habe, in einer deiner nächsten Kolumnen erwähnen würdest, gern auch lobend."

   Da es die Welt im Grossen und Ganzen gut mit der schreibenden Zunft meint, fällt auch für nicht so ganz so berühmte Kolumnisten hin und wieder etwas ab. Ich habe neulich eine Schubkarre geschenkt bekommen, die bei einer Haushaltsauflösung übrig geblieben war. Bei der Schubkarrenübergabe sagte eine gute Freundin: "Ich bin gespannt, wann ich darüber lese." Das Grinsen hat mich zwar irritiert, aber ich gehe davon aus, dass der Satz sehr ernst gemeint war.



   Auf die Gefahr hin, dass das pathetisch klingt: Die Schubkarre hat meinen Blick auf die Welt verändert. Seit ich sie habe, schleiche ich mehrmals am Tag ums Haus in der Hoffnung, ein paar heruntergefallene Blätter aufzufinden. Ein Unterfangen, das gerade im Herbst nicht selten belohnt wird. Bei mehr als drei Blättern pro Hektar hole ich die Schubkarre aus dem Schuppen.

   Ich will Sie nicht mit technischen Details langweilen, aber so viel: Die Schubkarre hat zwar schon ein paar Jahre auf dem Buckel, aber seit ich den Gummireifen aufgepumpt und die Achse geschmiert habe, läuft das Ding wie eine Eins. Ich könnte mich seitenlang über das Fahrgefühl mit meiner Schubkarre auslassen. Mittlerweise habe ich eine Technik entwickelt, die man als elegant bezeichnen könnte. Schon komisch: Über alle möglichen Fahrzeuge gibt es mittlerweise massenhaft Bücher - das Genre Schubkarrenliteratur ist über ein Nischendasein wie Baumarktprospekten oder ähnlichem nie wirklich hinausgekommen.

   Aber auch ich werde meiner Schubkarre nicht gerecht, denn eigentlich ist sie für mich nur ein Vehikel, um auf ein Gefährt zu kommen, das mir immer mehr Angst bereitet: Das Lastenfahrrad.

   Für grün denkende Menschen ist das Lastenfahrrad der Weltenretter schlechthin. Gelänge es, so die Vorstellung, das innerstädtische Transportwesen auf elektrisch unterstützte Lastenräder umzustellen, die Luft in unseren Ballungsräumen wäre von der im tiefsten Schwarzwald nicht mehr zu unterscheiden. So weit die Theorie. Die Praxis schaut allerdings leider ganz anders aus. Immer öfter wird man als unschuldiger Pedaleur von Lastenfahrrad-Fahrern in engen Kurven überholt und dabei meist übel geschnitten. Wurde schon mal dabei die dicke Luft gemessen, die dabei entsteht?



   Für mich ist ein Lastenrad ein SUV auf zwei Rädern. Hinterm Steuer thronen meist rücksichtslose Chauffeure oder Chauffeusen, die selten einen Helm, aber meist dafür einen Heiligenschein tragen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Das Lastenfahrrad an sich ist keine schlechte Erfindung. Vermutlich ist das wie mit dem Maschinengewehr. Es kommt daran an, wie man damit umgeht und auf wen man es richtet.

   Liebe Lastenfahrrad-Radikalinskis, sollte euch demnächst einer mit einer Schubkarre entgegenkommen, ich an eurer Stelle würde dann etwas Tempo rausnehmen.
 

 

Zurück