Dinge, so oder so

 

Die Dinge im Park (20. November 2020)
 
Schwarze Löcher im Park
 

   Zu den Mysterien des Universums gehören neben der Frage nach der künftigen Stilausrichtung im Stuttgarter Rathaus (klassische Krawatte, weisse Sneakers oder doch ganztägig Fahrradhelm?) die Existenz Schwarzer Löcher. Der öffentliche Raum sei voll damit, behaupten die Kritiker vom scheidenen Fritz Kuhn. Überall Schlaglöcher, Baulücken, finstere Ecken und düstere Aussichten bei Handel, Gastronomie und Konsum. Doch die Faktenlage scheint dürftig. Niemand weiss wie all das zusammenhängt - und der scheidene Oberbürgermeister weist jegliche Verantwortung von sich.



   Deswegen versuchen Astronomen einen Blick auf das Schwarze Loch im Zentrum der Stadt zu werfen: Den Schlossgarten samt Eckensee. Ein Superlichtkonzept soll eben den Park sicher machen. Neue, bei Bedarf dimmbare Leuchten sollen der oft aggressiven Stimmung unter der Partyszene im Park entgegenwirken.

   Die ersten Prognosen und Aussichten sind allerdings irritierend. Die Schwarzen Löcher und ihre Gravitationswellen rund um die Oper werden wohl nicht weniger. Auf einem Teleskopen-Foto wollen Experten riesige Damenhandtaschen erkannt haben, in deren Tiefen das alles aufsaugende Nichts lauert. Männer wissen schon seit geraumer Zeit um die unendlichen Weiten und Gefahren von sogenannten It-Bags, in deren Schlünden alles auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Smartphones, Laptops, Schlüssel, die Nummer des Schlüsselnotdienstes, Kreditkarten, Lockenbürsten für jedes einzelne Haar, Deoroller, moderne Männerherzen und etwas, was nach Superfood-Quinoa mit Granatapfel-Topping ausschaut - oder nach einem aus rottenden Lippenstiften geborenen Mikroorganismus.

   Einer Studie zufolge verbringen Frauen 76 Tage ihres Lebens mit einer Suche in ihrer Handtasche, was exakt jener gestohlenen Lebenszeit entspricht, die ein Mann sinnlos vor einer Haustür im Regen wartet. Viele Ehemänner kenn ihre Frauen lediglich von der Hüfte abwärts, der Rest steckt meist in einer unpraktischen Bügeltasche. Auch Angela Merkel kramt mit Vorliebe in einer ihrer Handtaschen, wenn sie mal nicht weiter weiss. Dort sucht sie etwa nach einer Antwort auf die zweite Corona-Welle. Doch das einzigste, was sie in der Dunkelheit ertastet, ist etwas Grosses, Glattes, was eventuell der Schädel von ihrem Wirtschaftsminister und Adlatus Peter Altmaier sein könnte.



   Tatsächlich hat man den Eindruck, dass die Taschen der Stuttgarterinnen immer voluminöser werden. Das mag auch mit dem geänderten Konsumverhalten infolge der Ausgangsbeschränkungen zusammenhängen. Man verlässt ja seltener das Haus. Und wenn man schon mal in der City zu Fuss shoppen geht, so muss es auch gleich etwas mehr sein. Der Pragmatismus siegt: Statt teurer Modebeutel sieht man immer öfter zeltartige Ikea-Taschen mit Monatsvorräten an Überlebensmitteln für die ganze Sippschaft über die Schulter gezurrt - und nicht selten steckt darin die Last der ganzen Familie samt Hundefutter.

   Oder diese vollgepackten Rucksäcke, die als Fitnessgeräte getarnt umfunktioniert werden. Neulich konnte man im Schlosspark ein jungdynamisches Paar beim Sport beobachten, wobei der Herr - ein Verbalsporter - den Personaltrainer gab. Im Herbstlaub war seine Freundin oder Frau zu erkennen, die auf Zuruf hin Liegestützen vollführte, und zwar mit Rucksack auf dem Rücken, um wohl den Traininseffekt zu verstärken. Bei den letzten Wiederholungen drückte der Folterknecht mit der Hand auf den Rucksack, um den Widerstand zu erhöhen. Mal ehrlich, wo soll dass alles noch enden?
 

 

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